Montag, 22. Oktober 2007
20:00 Uhr
im Kongresshaus Rosengarten
Podium junger Künstler
Gemeinschaftsprojekt mit dem Kulturbüro der Stadt Coburg
Linus Roth, Violine
José Gallardo, Klavier

Ludwig van Beethoven
Sonate für Violine und Klavier A-Dur op. 12,2
Edvard Grieg
Sonate für Violine und Klavier F-Dur op. 8
Igor Strawinsky
Divertimento für Violine und Klavier
Henri Wieniawski
Première polonaise de concert D-Dur op.4
Linus Roth erhielt unlängst den Echo-Klassik-Preis der Deutschen Phonoakademie als „Bester Nachwuchskünstler 2006“ für seine Debüt -CD mit Werken von Brahms, Debussy, Ysaye und Mendelssohn. Vorausgegangen waren der 1. Preis beim Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“, anschließend das Studium in Lübeck (bei Zakhar Bron), Zürich und München. Er bildet ein kammermusikalisches Duo mit José Gallardo, der den Musikfreunden durch seinen Auftritt mit dem Cellisten Danjulo Ishizaka im Herbst 2006 noch in allerbester Erinnerung sein dürfte. Es war der ausdrückliche Wunsch von Herrn Roth, anlässlich des 100. Todestages von Edvard Grieg eine der selten gespielten Sonaten dieses Komponisten zu Gehör zu bringen.
Wer über die beiden Künstler mehr erfahren will, schaue nach unter: www.linusroth.com und www.gallardo.de
Neue Presse vom 24. Oktober 2007
VIRTUOSER RAUSCH
VON RUDOLF POTYRA
Er begann klassisch ausgewogen und schloss exzessiv virtuos, der Duo-Abend mit dem Geiger Linus Roth und dem Pianisten José Gallardo, zu dem die Gesellschaft der Musikfreunde am Montag in das Coburger Kongresshaus eingeladen hatte. Es war – zum wiederholten Male – ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Kulturbüro der Stadt Coburg, von dem sich – auch zum wiederholten Male – kein Vertreter sehen ließ.
Die vom Deutschen Musikrat initiierte Reihe „Podium junger Künstler“ gibt herausragenden Solisten, die sich in Wettbewerben ausgezeichnet haben, die Möglichkeit, sich in repräsentativen Konzerten zu bewähren.
Am Montag waren es der Geiger Linus Roth und der in Coburg bereits bekannte Pianist José Gallardo. Die beiden haben sich zu einem Duo zusammengefunden, das mit einer ersten CD-Einspielung sofort mit einem Preis („Bester Nachwuchskünstler“) ausgezeichnet wurde.
Linus Roth spielt eine Stradivari aus dem Jahre 1703. Ein solches Instrument gibt seine legendären Qualitäten nur dann preis, wenn es von einem Meister gespielt wird. Und das war am Montag der Fall bei der Sonate A-Dur op.12,2 für Klavier und Violine von Ludwig van Beethoven.
Obwohl in der konventionellen Dreisätzigkeit – schnell, langsam, schnell – angelegt, rief die 1799 veröffentlichte Sonate bei der einschlägigen Kritik Ratlosigkeit hervor, wie sie in einer zeitgenössischen Kritik zum Ausdruck kam.
Unüberhörbares Charakteristikum aller drei Sätze ist der Dialog, den beide Instrumente miteinander führen; entweder imitierend oder in der Umkehrung. Ein federnd schwingender Hauptgedanke prägt den Kopfsatz, dessen kontinuierliche Bewegung fast nie abreißt. Melancholisch angehaucht, aber nicht in schicksalhafte Tragik versinkend zeigt sich der langsame Mittelsatz, ehe ein gefälliges, unbeschwertes Finale das Werk beschließt.
Mit dieser Sonate gab das Duo eine vorzügliche Visitenkarte ab. Brillantes Klavierspiel im sehr rasch angelegten Kopfsatz, dazu ein locker-gelöstes Geigenspiel von vorbildlicher dynamischer Dezenz, beseelte, tief empfundene (und so auch gespielte) Sanglichkeit im Mittelsatz und ein Finale, im Ausdruck gezügelt und heiter im Tempo: alles in allem eine ausgewogene, „klassische“ Interpretation der Sonate von Beethoven.
Geigerische Teufeleien
An Edvard Griegs 100. Todestag erinnerten die beiden Künstler mit der Violinsonate F-Dur, op. 8. Der Komponist, der seine Violinsonaten selber zu seinen besten Werken zählte, schrieb die F-Dur-Sonate 1865. Er war 22 Jahre alt und verliebt in seine künftige Frau. Entsprechend romantisch und lyrisch ist der Grundton der Musik dieser Sonate, die wohlig wiegend im 6/8-Takt beginnt. Nach a-Moll weicht der Menuett-nahe Mittelsatz aus, dessen melancholischen Anflüge mit verspielten Floskeln ausgeziert werden.
Feurig beginnt das an Einfällen überquellende Finale, das immer wieder – oft abrupt – zwischen Temperament und Besinnung, zwischen Fortissimo und Piano pendelt. Reminiszenzen an die norwegische Heimat des Komponisten verleihen dem Werk einen eigenen Reiz. Es wurde 1865 in Leipzig „mit reichstem Beifall“ uraufgeführt. Hans von Bülow hörte es „mit enormem Plaisir“.
Nach der Pause trat der „Virtuose“ Roth auf den Plan; zunächst mit dem Divertimento für Violine und Klavier von Igor Strawinsky. Das viersätzige Divertimento basiert auf dem Ballett „Der Kuss der Fee“, mit dem Strawinsky eine Allegorie auf Peter Tschaikowsky schrieb und sich dabei auch mancher Themen Tschaikowskys bediente. Man meint sehr deutlich zu hören, wo Tschaikowsky aufhört und Strawinsky anfängt.
Strawinskys Divertimento gehört zu den anspruchsvollsten Werken für Geiger. Der Komponist lässt das ganze Arsenal geigerischer (und pianistischer) Teufeleien aus dem Kasten, bis er das Werk mit einem mitreißenden, galoppartigen Finale ausklingen lässt.
Mit rauschendem Beifall wurde das von musikantischem Witz übersprudelnde Werk aufgenommen. Aber es sollte noch toller kommen: Henri (eigentlich Henryk) Wieniawskis „Première polonaise de concert D-Dur, op. 4“ stand als frenetisch bejubelter Schlusspunkt auf dem Programm.
Es war nichts Außergewöhnliches, dass sich Virtuosen jeglichen Couleurs Bravourstücke für den eigenen Bedarf schrieben, in denen sie bis an die Grenzen ihres Könnens gingen. So auch Henri Wieniawski, mit seinem Bruder Joseph (als Klavierpartner) durch Europa tourte, ehe ihn Spiel und Trunk vorzeitig fällten.
Höchste und tiefste Tonlagen, Doppelgriffe, Flageolett, rasantes Laufwerk und bombastische Klangfülle wurden so raffiniert ausgespielt, dass die Zuhörer in einen förmlichen Rausch hineingesteigert wurden, der erst mit Zugaben Schumann’scher Lieder wieder „heruntergefahren“ werden konnte.
Coburger Tageblatt vom 24. Oktober 2007
IN BLENDENDER TECHNIK UND SUBTILER GESTALTUNG
Die jungen Künstler Linus Roth (Violine) und José Gallardo gastierten bei denMusikfreunden imKongresshaus.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
In der Reihe „Podium junger Künstler“, welche die Gesellschaft der Musikfreunde mit dem Kulturbüro der Stadt Coburg gemeinsamveranstaltet, erlebte man am Montag einen jungen deutschen Geiger, der zur Zeit von sich reden macht und 2006 den Klassik-Preis der Deutschen Phonoakademie als bester Nachwuchskünstler erhielt: Linus Roth. Sein ebenso hochkarätiger Begleiter, der Argentinier José Gallardo, war gleichfalls mehrfacher Preisträger auf internationaler Ebene und ist den Musikfreunden schon vomvergangenen Jahr her ein Begriff.
Beide jungenKünstler begeisterten durch überragendes technischen Können, beeindruckende Gestaltung und stilistische Einfühlungsgabe sowie perfektes Zusammenspiel in Werken von Beethoven,Grieg, Strawinsky undWieniawski. AmAnfang des anspruchsvollen Programms stand die Sonate für Klavier und Violine A-Dur op. 12 Nr. 2 von Beethoven, die sogleich temperamentvoll angegangen wurde. Brillant und synchron meisterten Geiger und Pianist die bei diesem Tempo schwierigen parallelen Tonfiguren. In den lyrischen Passagen brachte Linus Roth seine kostbare Stradivari „Dancla“ von 1703 zu expressivem Singen – besonders auch im zweiten Satz, bevor das wieder spielfreudige Rondo-Finale mit eleganter Delikatesse serviert wurde. Auch José Gallardo beeindruckte hierwiederumdurch geschliffene Anschlagskultur und überlegenes Können. Als Huldigung an den vor 100 Jahren verstorbenen Edvard Grieg erklang sodann die Sonate für Violine und Klavier F-Dur op. 8 mit ihrem feurig drängenden Kopfsatz, dem quasi in Anlehnung an seine „Lyrischen Stücke“ mit folkloristischem Einschlag komponierten Mittelsatz und dem wirbelnden, zu immer neuen Höhepunkten eilenden Finale. Man erlebte eine geschliffene, tonlich üppig bis schwelgerische Wiedergabe des leider viel zu selten aufgeführten Werks durch das kompetente Duo.
Eine weitere Steigerung in technischer Hinsicht gab es im zweiten Teil mit dem Divertimento für Violine und Klavier nach dem 1928 entstandenen Ballett „Der Kuss der Fee“ von Igor Strawinsky. In den vier relativ tonalen Sätzen zeigt sich die vielseitige musikalische Palette des „Picassos der Musik“ wie fließende, großbögige Melodik, rhythmische Vitalität mit ausgefallenenRaffinessen, jäher Stimmungswechsel und rustikale Elemente à la „Petruschka“. Expressiv bis in die höchsten Lagen, mit artistischer Finger- und Bogentechnik bewältigte Linus Roth das fesselnde Opus, von José Gallardo stets wirkungsvoll und treffsicher am Flügel unterstützt. Ein typisches Virtuosenstück der Romantik stand in Gestalt der „Première polonaise de concert“ D-Dur op. 4 des polnischen Violinvirtuosen Henri Wieniawski am Ende der Vortragsfolge. Hier konnte Linus Roth alle Hexenkünste des Geigenspiels demonstrieren, die er mit verblüffender Leichtigkeit und scheinbarerMühelosigkeit vorführte. Nach andauerndemBeifall gab es noch zwei Zugaben in FormvonKunstliedern Schumanns, die auf der Geige „gesungen“ wurden. Bei „Widmung“ aus „Myrten“ op. 25 huldigten die Künstler (wahrscheinlich unbewusst) auch demCoburger Dichter Friedrich Rückert, nach dessen Worten („Du meine Seele, du mein Herz“) das Lied komponiert wurde. Als zweites erklang noch das Eichendorff- Lied „In der Fremde“ aus dem „Liederkreis“ op. 39. Mit der gefühlvollen, verinnerlichtenWiedergabe dieser Lieder gab es einen besinnlichen Abschluss des erlebnisreichen Konzertabends.