Montag, 28. April 2008, 20:00 Uhr

Foyer der HUK-Coburg, Willi-Hussong-Str.2, Bertelsdorfer Höhe

Piano spezial in der HUK

Bernd Glemser, Klavier

 

Ludwig van Beethoven

Sonate As-Dur op. 26

 

Wolfgang Amadeus Mozart

Adagio h-Moll KV 540

 

Ludwig van Beethoven

Sonate cis-Moll op.27,2 „Mondscheinsonate“

 

Frédéric Chopin

2 Nocturnes op.27

 

Sergej Rachmaninow

Corelli Variationen op. 42

 
 
 

Bereits zum 9. Male erklingt der Steinway D -Flügel im großzügigen Foyer der HUK-Coburg bei „Piano spezial in der HUK“ und Bernd Glemser ist der erste Künstler, der sich in dieser Reihe zum zweiten mal präsentieren darf. Im Mai 2004 spielte er ausschließlich romantische Werke (Smetana/Brahms/Rachmaninow). Die Presse titelte damals ihre Rezensionen wie folgt: „Subtiles Spiel schickt Hörer in meditative Sphären“ (NP) und „Tiefgründige Virtuosität“ (CT). Seit 20 Jahren zählt Bernd Glemser nun schon zum exklusiven Kreis der internationalen Spitzenpianisten. 2003 wurde ihm durch den damaligen Bundespräsidenten Rau das Bundesverdienstkreuz verliehen. Freuen wir uns auf einen außergewöhnlichen Abend!

Eintritt für Mitglieder 12 €, Gäste 19 €, Schüler/Studenten 5 €

 
 
 

Coburger Tageblatt vom 30. Aprill 2008

SUBTIL UND VIRTUOS
Der Pianist Bernd Glemser beeindruckte bei den „Musikfreunden“.


VON GERHARD DEUTSCHMANN

Seit rund 20 Jahren gehört Bernd Glemser – er gewann seit dem 19. Lebensjahr nicht weniger als 17 Wettbewerbe, darunter den der ARD – zu den international bedeutendsten deutschen Pianisten. Seit 1996 wirkt er als Professor an der Würzburger Musikhochschule. In der Konzertreihe „Piano spezial in der HUK“, welche die „Gesellschaft der Musikfreunde“ im jährlichen Turnus fortführt, war er bereits einmal zu Gast. Auch diesmal beeindruckte er das recht zahlreich erschienene Publikum mit seiner subtilen Anschlagskultur und hohen Virtuosität in klassisch-romantischen Werken von Beethoven, Mozart, Chopin und Rachmaninoff.

Am Beginn stand die Sonate Nr. 12 As-Dur op. 26 von Ludwig van Beethoven, welche formal eigenwillig mit einem Variationssatz beginnt, wobei sich Bernd Glemser sogleich im Thema als sensibler Anschlagskünstler zeigte und die folgenden Variationen in ihrem jeweiligen Charakter unterschiedlich gestaltete. Zupackend und temperamentvoll ging er das Scherzo mit seinem melodiebetonten Trio an, wonach der überraschend folgende Trauermarsch in as-Moll einen düsteren, nachdenklichen Gegensatz bildete. Im heiteren Abschluss des tiefgründigen Werks zeigte Glemser spielerische Lockerheit bei klarer Linienführung.

Sozusagen als Intermezzo zu einer weiteren berühmten Beethoven-Sonate erklang das späte, reife Adagio h-Moll KV 540 von Mozart, dessen schmerzlichen Duktus mit verminderten Septakkorden, Vorhalten und chromatischen Durchgängen der Pianist mit subtiler Anschlagskunst bis zum versöhnlichen Dur-Schluss versah. Es folgte Beethovens Sonata quasi una fantasia cis-Moll op.27,2, genannt „Mondscheinsonate“. Bernd Glemser interpretierte das viel gespielte Werk mit respektvoller Stilsicherheit: versunken, verträumt mit gleichmäßigen Triolen im Adagio, aufblühend im kurzen Allegretto (das Liszt als „Blume zwischen zwei Abgründen“ bezeichnete) und in atemberaubendem Tempo mit dramatischen Akzenten und explosiv, aber stets beherrscht und die Virtuosität nicht als Selbstzweck betrachtend, im abschließenden Presto agitato.

Der Wiener Klassik im ersten Teil folgte nach der Pause die Romantik, zunächst mit zwei Nocturnes von Chopin (op. 27 Nr. 1 und 2 cis-Moll und Des-Dur), die Bernd Glemser duftig und expressiv, mit leidenschaftlicher Steigerung im ersten und geschmeidigen Läufen im zweiten darbrachte. Das ganze Kompendium der Klavierspielkunst konnte er sodann im abschließenden zwanzigminütigen Monumentalwerk der Corelli-Variationen op. 42 von Rachmaninoff offenbaren, wo er in 20 kapriziösen, grandiosen, aber auch verträumten Veränderungen des schlichten Themas nicht nur abermals verinnerlichte Gestaltung sondern auch die „Pranke des Löwen“ in souveräner Bewältigung teuflischer Sprünge dank enormer Treffsicherheit zeigen konnte.

Nach begeistertem andauerndem Beifall gab es noch zwei Zugaben mit Werken des gleichen Komponisten, seiner mit filigraner Fingertechnik dargebotenen Barkarole g-Moll aus den „Salonstücken“ op.10 und eine tänzerische Bach – Adaption in Gestalt der Gavotte aus der Partita für Violine E-Dur.

 
 
 

Neue Presse vom 30. April 2008

GIPFEL DER VIRTUOSITÄT

VON RUDOLF POTYRA

Selbst ein kräftiger Regenguss konnte am Montag den Zustrom der Besucher nicht aufhalten, die im HUK-Foyer in einem Piano spezial den Pianisten Bernd Glemser erleben wollten. Der Künstler, der den Coburger Musikfreunden seit seinem ersten Klavierabend 2004 in bester Erinnerung ist, kann auf eine einzigartige Erfolgskurve zurückblicken, auf die in der Vorbereitung des Konzertes mehrfach verwiesen wurde.

Einen Schwerpunkt des Coburger Programms bildete Beethoven. Zwei benachbarte Sonaten von ihm standen auf dem Programm: die Nr. 12 in As-Dur op. 26 und die Nr. 14, die Sonata quasi una fantasia op. 27,2, die Mondscheinsonate. Beide Sonaten entstanden 1800/01. 1802 erschienen sie im Druck und wurden sofort mit großer Zustimmung aufgenommen. Ein Rezensent schrieb noch im gleichen Jahr, dass diese Kompositionen … schwerlich jemals veralten werden. Er setzte aber dazu: Ein recht sehr gutes Instrument muss man besitzen, wenn man sich selbst … genügen will. Besser als mit dem D-Flügel im HUK-Foyer konnte diese 200 Jahre alte Forderung gar nicht erfüllt werden.

Seelische Tiefe

Mit den beiden Sonaten Nr.12 und 14 verließ Beethoven überlieferte Formmodelle. Hatte er vorher stets einen schnellen Sonatensatz an die Spitze jeder Sonate gestellt, so eröffnete er die As-Dur-Sonate mit Variationen und nahm damit ein Beispiel Mozarts in dessen berühmter A-Dur-Sonate auf. In fünf Variationen umspielt und umschmeichelt er das liedhafte Thema. Ein flüchtiges Scherzo huscht vorüber, ehe mit dem Trauermarsch auf den Tod eines Helden ein gewichtiger, vollgriffiger Schwerpunkt gesetzt wird; Trompetenstöße und Trommelwirbel verhallen, bis der Trauermarsch im Pianissimo verlischt. Der Held ist begraben, aber das Leben geht mit einem Perpetuum-mobile-artigen Finale weiter.

Über kein Werk Beethovens ist mehr geschrieben, gedichtet und fabuliert worden als über die Monscheinsonate. Der Titel, vom Romantiker Ludwig Rellstab erfunden, hat u. U. mit Mondschein überhaupt nichts zu tun und lenkt die Fantasie in falsche Bahnen. Bei dieser Sonate hat Beethoven den üblichen ersten Satz ganz weggelassen. Ein Adagio sostenuto eröffnet die Sonate mit einem klagenden Thema, das, zusammen mit nicht abreißenden Triolen, eine einzigartige Atmosphäre schafft. Ein kurzes, Menuett-artiges Allegretto bildet die Brücke zum entfesselten Finale, das wie ein Gewitter auf die Zuhörer losbricht.

Zwischen die beiden, wie aus einem Marmorblock geformten Sonaten, hatte Bernd Glemser das Adagio h-moll KV 540 von Wolfgang Amadeus Mozart gestellt; ein Einzelsatz, von dem man nicht weiß, wofür oder für wen er geschrieben wurde. Er ist nur 58 Takte lang, aber eins der vollendetsten, empfundensten, trostlosesten Werke, die Mozart je komponiert hat (Alfred Einstein 1953). Seelische Tiefe, ergreifendes Singen, Schlichtheit und eine ausdrucksvolle Vielfalt prägen dieses Werk, das bis an den Rand der Tonalität drängt. Das mit erfüllter Ruhe interpretierte Werk hinterließ bei den Besuchern einen tiefen Eindruck und ließ zugleich an ein Wort Walter Giesekings denken, wonach Mozarts Musik die leichteste und zugleich die schwerste ist, wenn man sie richtig spielen will.

Die zweite Programmhälfte war Frédéric Chopin und Sergej Rachmaninoff vorbehalten. Von Chopin hörte man die beiden Nocturnes op. 27 in cis-Moll und Des-Dur. Nocturne (Nachtstück) dieser Begriff wurde von John Field erfunden und in die Musik eingeführt. Er wurde bald zum bevorzugten Feld aller Romantiker. Chopin hat 21 Nocturnes geschrieben. Dabei gelten die beiden aus op. 27 als Höhepunkte der ganzen Gattung. Schumann sagte von ihnen, sie seien das Herzinnigste und Verklärtetste, was nur in der Musik erdacht werden kann. Die beiden Nocturnes haben gegensätzlichen Charakter; Gesichter, die die Nacht haben kann. In Nr. 1 entwickelt sich aus dem Pianissimo-Anfang in rascher Steigerung ein leidenschaftlich-kraftvoller Ausbruch (Agitato); eine Art Angstzustand, der dann in einen beruhigenden Schluss mündet. Die Nr. 2 dagegen ist eine ungetrübte Mondschein-Idylle, ebenso gesangvoll und kapriziös aufklingend wie im dolcissimo verhallend.

Am Ende des Programms stand mit Sergej Rachmaninoff und dessen Variarionen über ein Thema von Corelli op. 42 eines der großen, eindrucks- und wirkungsvollen Werke der Klavierliteratur. Pianistische Hexerei Das Thema stammt allerdings nicht von Corelli, sondern es ist ein alter portugiesischer Tanz, der über Jahrhunderte mit seiner knappen, prägnanten Form und seinem Titel La Follia (die Tolle) viele Komponisten zu Variationen anregte. Was Rachmaninoff in 20 Variationen dem Pianisten abverlangt, klingt streckenweise wie Hexerei. Was Einfallsreichtum aus einem schlichten Thema machen kann an rauschender Fülle, an Durchsichtigkeit, an spielerischer Brillanz, an Anschlagsvarianten und, und, und, lässt sich nicht darstellen. Es ist der Gipfel der Virtuosität, den Bernd Glemser hier nicht nur erreicht, sondern souverän, mit Musikalität und Formgefühl zu gestalten weiß.

Als am Ende das Ausgangsthema in aller Schichtheit nochmals aufklang und die Form rundete, wurde der Bann gebrochen, in den Bernd Glemser, die nahezu atemlos zuhörenden Besuchern gezwungen hatte und ein Beifall fast ohnegleichen brandete auf. Bernd Glemser bedankte sich dafür mit zwei Zugaben natürlich von Rachmaninoff: einer Barcarole und einer Gavotte (nach einer Violin-Solo-Partita) von Bach.