Pablo Minguet war ein spanischer Philosoph des 18. Jahrhunderts, der sich in seinen Schriften darum bemühte, dem breiten Volk den Zugang zu den Schönen Künsten zu verschaffen – für das Minguet Quartett ist dieser Gedanke künstlerisches Programm. Die Musikfreunde werden sich gerne an den Beitrag des Quartetts im Rahmen des Beethoven Zyklus erinnern, als das Ensemble im März 2001 unter anderem das späte Werk op.132 a-Moll spielte. Die Rezension im Coburger Tageblatt war überschrieben mit: „Sensibel, rasant, kühn“. Diesmal knüpfen die Musiker an die beiden Jubilare des Jahres 2009 an: zum 200. Male jährt sich am 03. Februar der Geburtstag von Felix Mendelssohn-Bartholdy, am 31. Mai 1809 starb Joseph Haydn. Ergänzt wird das Programm durch ein Quartett von Mozart, der die von Haydn erfundene Gattung „Streichquartett“ zu ungeahnten Höhen führte und Haydn auch 6 seiner Streichquartette widmete, unter anderem auch das Werk des heutigen Abends. |
Neue Presse vom 22. Januar 2009
HARMONIE UND HOCHSPANNUNG
VON PETER MÜLLER
Die Qualität der „Gründerzeit“ konnte Ulrich Isfort als Primgeiger und Mitbegründer des international angesehenen Minguet-Quartetts am Dienstagabend im Coburger Kongresshaus schon in dem gefälligen „Streichquartett D-Dur“, genannt „Die Lerche“, von Joseph Haydn unter Beweis stellen. Harmonischer und nahezu zärtlicher Zusammenklang mit virtuoser Kontrapunktik zur führenden Violine durch das Violoncello stellten diese harmonische Einheit im „Allegro moderato“ für das noch zu Erwartende exemplarisch vor.
Wie in einem Klangkörper vereint, Wiener Klassik und Wiener Ambiente in flächigem Spiel verbindend, wurde das „Andante cantabile“ der „Lerche“ zum innehaltenden Genuss. Das „Menuetto – Allegretto“ präsentierten die Künstler ländlich bukolisch im Aufgalopp, ohne auf die rhythmischen Stolpersteine hereinzufallen, die Joseph Haydn den Musikern in den Weg legt. Das „Finale – Vivace“ rief alle Virtuosität im Staccato Tempo auf den Plan und mit einem fugaten Thema steckte der „Primus inter Pares“ Ulrich Isfort alle Mitstreiter mächtig an.
Sehr gewichtig und ungewohnt ernst präsentierten die vier Solisten, die sich zu einem orchestralen Klangkörper zusammengefunden haben, Wolfgang Amadeus Mozarts „Streichquartett d-Moll (KV 421)“. Nahe an Schuberts Liedkunst zeigt Mozart hier tragische und melancholische Seiten, die nach dem hoffnungsvollen „Allegro moderato“ vor allem im anschließenden „Andante“ nahezu als Trauermarsch und Totenklage intoniert sind. Die virtuosen Variationen des 3. Satzes „Menuetto – Allegretto“, die an ein Violinkonzert des von ihm sehr bewunderten Viotti (Violinkonzert Nr. 22) erinnern, haben trotz anmutigen Ländlercharakters viele traurige Längen. Wiegend und in feinen rhythmischen Wechseln und 6/8- Takt greift das abschließende „Allegretto ma non troppo und Piú Allegro“ dieses sich durchdeklinierende Thema auf und bringt es zu einem nachdenklichen Schluss: „Einen Scherz wollte er sich machen“, kann man sich danach mit Nestroy fragen.
Hier hatten auch Annette Reisinger an der zweiten „Primgeige“, Matthias Diener am nicht nur kontrapunktisch singenden Cello und Aroa Sorin auf der Bratsche viel mitzureden. Das nach einem spanischen Philosophen benannte Streichquartett, das sich 1988 aus Studien der Essener Folkwangschule zusammenfand, hat nach zwölf Jahren, in denen sich außer der ersten Violine manches verändert hat, im Oktober letzten Jahres die Yehudi Menuhin-Stipendiatin und international preisgekrönte Aroa Sorin für sich gewinnen können. Die gebürtige Rumänin, die in Spanien, Deutschland und der Schweiz studierte, wurde von der Oper in Brüssel nach Köln engagiert und zeigt, wie schnell sie sich in die neue Rolle – bis zur bemerkenswerten Körpersprache – eingelebt hat.
Große Gefühle
Mit großen Gefühlen und dramatisch wilden Ausbrüchen konfrontierte das Quartett die zahlreichen Musikfreunde im „Streichquartett f-Moll, op. 80“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. „Allegro vivace – Allegro assai und Finale (Allegro molto)“ werden nur durch ein, in der Spannung nicht nachlassendes „Adagio“ konterkariert. Temperament und die Melodik Mozarts fortschreibende Harmonie a quattro (!) erzeugten Hochspannung. Themen wurden nicht wie bei Mozart zu Tode geritten, sondern in großer Symphonik kammermusikalisch in den Salon geworfen. Wut macht Mut und Energie verleiht auch ohne Zaubertrank Flügel. Ekstatisch und mit konzentrierter Energie erklangen dank der Künstler diese manchmal zarten, aber meist kräftigen Klänge empor zu Licht. Ein Neuanfang der Musik und ein Aufbruch zu anderer Musik. Musikalisches Pathos bekräftigte diese Neue Musik, deren Rhythmen im Finale den 50 Jahre später entstandenen revolutionären Jazz vorweg neh-men.
Die Künstler, die vor allem für ihre Interpretation zeitgenössischer und neuer Musik, häufig auch Uraufführungen, bekannt sind, haben nach langer Zeit in Coburg ein rein klassisch-romantisches Konzert gegeben. Das Publikum zeigte seine Begeisterung mit lang anhaltenden Ovationen. |
Coburger Tageblatt vom 22. Januar 2009
SO LYRISCH WIE STÜRMISCH BEGEISTERND
Das Kölner Minguet Quartett konzertierte mit Werken von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn-Bartholdy bei den Musikfreunden im Kongresshaus. Das Ensemble wurde lebhaft gefeiert.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
inen hochkarätigen Konzertabend bescherte die Gesellschaft der Musikfreunde ihren Mitgliedern und Gästen mit dem Engagement des Minguet Quartetts (Köln), das schon im März 2001 an gleicher Stelle im Rahmen des Beethoven-Zyklus beeindruckte. Diesmal bildeten Werke der diesjährigen Jubilare Haydn (200. Todestag) und Mendelssohn (200. Geburtstag) den Konzertrahmen, ergänzt durch ein Quartett von Wolfgang Amadeus Mozart als „Zwischenglied“.
Das nach dem spanischen Philosophen Pablo Minguet benannte Ensemble mit Ulrich Isfort (Violine), Annette Reisinger (Violine), Aroa Sorin (Viola) und Matthias Diener (Violoncello) zeigte stilsicheres Musizieren bei ausgefeiltem, homogenem Zusammenspiel und wurde lebhaft gefeiert.
Vom „Vater des Streichquartetts“ Joseph Haydn hörte man zu Beginn das bekannte „Lerchen-Quartett“ D-Dur, welches seinen Namen der sich in die Höhe schwingenden Geigenmelodie im 1. Satz verdankt. Bereits hier zeigte das Minguet Quartett sein vielseitiges Ausdrucksvermögen vom lyrischen Beginn bis zu den stürmischen Passagen der Durchführung. Expressiv zur geschmeidigen Begleitung der übrigen Musiker gestaltete der Primarius das kantable Andante. Nach dem rustikalen Menuett bildete das in atemberaubendem Tempo, dennoch locker und präzise gespielte Perpetuum mobile des Finales den krönenden Abschluss.
Die Fortsetzung von Haydns Quartettkunst findet sich bei Mozart, der in Verehrung seines Vorbilds seine sechs „Haydn-Quartette“ schrieb, wozu auch das 1783 komponierte Streichquartett d-Moll KV 421 gehört. Sensibel traf das Minguet Quartett den elegischen Grundton des Werks mit seinen plötzlich wechselnden Gegensätzen von Kantabilität und dramatischen Wendungen. Beseelt und dynamisch abgerundet geriet das Andante, straff das Menuett mit seinem duftigen, serenadenhaften Trio. Dicht und geschlossen erklangen am Ende die zahlreichen Variationen über ein Thema im Siciliano-Rhythmus, das einem Haydn-Quartett entstammt.
Das gewichtigste Werk des Abends erklang nach der Pause in Gestalt des Streichquartetts f-Moll op. 80 von Felix Mendelssohn-Bartholdy, welches er als „Requiem“ für seine 1847 verstorbene Schwester Fanny schrieb. Es wurde zudem sein letztes vollendetes Werk, weil Mendelssohn-Bartholdy kurz nach Beendigung des Quartetts einem Schlaganfall erlag. Schmerz und Aufgewühltheit verraten die erregenden Tremoli und dramatischen Steigerungen vor allem in den Ecksätzen. Hier zeigte sich das sichere Stilempfinden des Minguet Quartetts besonders beeindruckend in der großen dynamischen Bandbreite, die bis zu orchestraler Klangfülle reichte. Den einzigen Ruhepunkt des Werks, das einem „Lied ohne Worte“ ähnelnde Adagio, gestaltete das Ensemble verinnerlicht mit großer emotionaler Dichte. Packend mit organischen Steigerungen und atemberaubendem Schluss gelang das dramatische Finale.
Die mit anhaltendem Applaus bedachten Künstler bedankten sich mit einer Wiederholung des Menuetts aus dem vorangegangenen Mozart-Quartett. |