Nachdem die Musikfreunde Coburg ihr Publikum zum 200. Geburtstagsjahr von Frédéric Chopin mit einem Zyklus von 3 Konzerten beschenken, darf der andere Jubilar des Jahres 2010 natürlich auch nicht zu kurz kommen: Genau am Konzerttag, dem 08. Juni 2010 jährt sich Robert Schumanns Geburtstag zum 2. Dezennium.
Stefanie Smits und Barbara Zeller werden diese Ereignis musikalisch kommentieren – mit Liedern und Klavierwerken von Clara und Robert Schumann. |
Neue Presse vom 10. Juni 2010
EINE LIEBE MIT HINDERNISSEN
VON BERND SCHELLHORN
Die Atmosphäre im Haus Contakt ist sehr intim und deshalb wie geschaffen für Geburtstagskonzerte. Der Blüthnerflügel steht an der Fensterfront mit Blick ins Grün und hinter den Fenstern rauschen die Blätter der Bäume im Sturm. Berichtet wird von einer Liebe mit Hindernissen. Robert konnte seine angebetete spätere Frau Clara erst nach verzweifelten Wartejahren ehelichen. Vorher musste er sich beweisen: Durch sein Werk. Aus den glücklichen Zeiten bis zum Ausbruch der Krankheit Robert Schumanns wählten Stefanie Smits und Barbara Zeller für dieses Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde am vergangenen Dienstagabend wichtige Kompositionen aus.
Gleich zu Beginn, in zwei Liedern von Clara, wird deutlich, dass Stefanie Smits den Weg der Erzählerin sucht – ihr ist die Textverständlichkeit ebenso wichtig wie die Melodik. Das wirkt pointiert. Ihre Hände erzählen. Sie sucht zwar die Ruhe in der Beuge des Instrumentes, löst sich aber auch davon. Smits wagt auch den „kleinen Schritt“ in die Nähe des Publikums, um Textaussage in Szene zu verwandeln. Es sind feine, öffnende Bewegungen, die sie nutzt. Ihre Mimik ist verhalten, und doch gibt es ab und an ein Blitzen der Augen, ein Vorrecken des Oberkörpers, einen Wimpernschlag, um zu verdeutlichen, zu spielen.
Sie spannt sicher ab und nach, singt prononciert und gepflegt. Wunderbar gelingen ihre Nonvibrato-Linien in makelloser Intonation. Sie gibt jedem Lied die eigene Farbe und Charakteristik und gebraucht opernhafte „Falls“ als Stilmittel, die den Text enorm zuspitzen und diesem Bedeutung verleihen. Manchmal ist da etwas zu viel Stimme, aber Stefanie Smits nimmt sich gleich wieder zurück ins Kunstlied, bändigt sich selbst.
Barbara Zeller begleitet federnd und präzise. Sie spielt mit großen Bewegungen des Körpers und will tief in die Taste, um Pianissimi zu formen. Leider kommt ihr dabei die Mechanik des Flügels nicht immer entgegen und manche Töne bleiben verschwunden in den „Kinderszenen für Klavier“ Robert Schumanns und den „Variationen op. 20“ seiner Frau Clara. Aber all die Feinheiten in der Liedbegleitung gelingen aufs Trefflichste.
Hoffnungsvoller Ausklang
Die kontrastierenden Klavierlinien, die Robert Schumanns Lieder zu Meisterwerken machen und eine Verbindung zwischen Flügel und Stimme bilden, sind da in allen Nuancen. Die gewagte, teils versteckte Melodik in den Mittel- und Bassstimmen legt Barbara Zeller wunderbar frei. Sie sucht den sanglichen Klang des Flügels, die breite Dynamik ohne Extrem. Der jungverliebte und endlich erfolgreiche (Hochzeit) Robert wird uns nahegebracht in der „Frauenliebe“ und der große Pädagoge Schumann in den „Kinderszenen“, diesem Meilenstein der Klavierliteratur, den Barbara Zeller sehr rhythmisch, dann wieder mit vielen Rubati versehen eine eigene Note gibt. Was mir außerordentlich gefällt, ist ihre jugendlich straffe Umsetzung der Sequenzen, was oft wie ein „Riff“ oder ein „Groove“ in der modernen Rockmusik klingt und dem Publikum den Visionär Schumann offenlegt.
Verbindende und erläuternde Texte liest Barbara Zeller aus Tagebüchern und Briefen/Notizen der Schumanns. Diese sind gut gewählt und zeigen in tragischen Worten, dass Schumann seine Krankheit bereits im Nachlassen der kompositorischen Arbeit erahnte. Seine späten „Albumblätter op. 99“ für Klavier interpretiert die Pianistin folgerichtig nachdenklich, etwas verworren und spröde.
Aber für den Schluss des Konzertes wählen Stefanie Smits und Barbara Zeller hoffnungsvolle Lieder: Die liebebejahende „Widmung“ und das erotische „Singet nicht in Trauertönen“. Da heißt es:“Jeder Tag hat seine Plage und die Nacht hat ihre Lust“. Wie wahr. Es gab viel Beifall für dieses gelungene Experiment der beiden Künstlerinnen. |
Coburger Tageblatt vom 10. Juni 2010
STIMMUNGSVOLLE GEBURTSTAGSGESCHENKE FÜR ROBERT SCHUMANN Die Gesellschaft der Musikfreunde präsentierte einen Lieder- und Klavierabend mit Stefanie Smits und Barbara Zeller im Contakt.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
Just am 8. Juni vor 200 Jahren wurde der große deutsche Romantiker Robert Schumann in Zwickau geboren. Aus diesem Anlass ehrte ihn die Coburger Gesellschaft der Musikfreunde mit einem gut besuchten Geburtstagskonzert im intimen Rahmen des Hauses „Contakt“, bei dem Lieder und Klavierwerke nicht nur von Robert Schumann, sondern auch von seiner Frau Clara erklangen. Die Ausführenden waren zwei in Coburg bestens bekannte Künstlerinnen: die Sopranistin des Landestheaters Stefanie Smits und die an der Universität Nürnberg unterrichtende Pianistin Barbara Zeller. Einführende Worte zu Leben und Werk des Jubilars sprach Musikvorstand Dr. Joachim Rückert.
Die reichhaltige Vortragsfolge begann mit zwei Liedern von Clara Schumann, die selbst eine begabte Komponistin war, aber diese Neigung zugunsten ihrer Virtuosenlaufbahn weitgehend zurückstellen musste. Ihre gekonnt gearbeiteten Lieder und Klavierstücke waren meist Geburtstagsgeschenke an ihren Gatten, daher an diesem Abend durchaus am Platze.Dramatisch mit stürmischer Klavierbegleitung hörte man „Er ist gekommen in Sturm und Regen“ und lyrisch einfühlsam „Liebst du um Schönheit“.
Stefanie Smits zeigte bereits hier die ganze Bandbreite und Ausdrucksskala ihrer tragfähigen, wandlungsfähigen Stimme, temperamentvolle wie tiefgründige Gestaltung bei stets vorzüglich deutlicher Aussprache. Nicht jede „Opernstimme“ ist für den Liedgesang geeignet – hier gab es eine rühmliche Ausnahme.
Barbara Zeller erwies sich am Flügel als ausgezeichnete, anpassungsfähige Mitgestalterin der Sängerin und brachte auch eine Reihe von Klavierwerken des Ehepaars zum Vortrag, zu denen sie authentische Tagebuchnotizen beisteuerte. Dass die berühmten „Kinderszenen“ op.15 keine Kinderstücke sind, sondern Erinnerungen des Erwachsenen an die Kindheit darstellen, ist hinlänglich bekannt. So haben die raschen Stücke auch ihre technischen Tücken, wenn man sie zu schnell angeht; die langsamen hingegen sollte man nicht mit zu viel Rubato ihrer Schlichtheit berauben. Besser gelangen der Pianistin später die fünf „Albumblätter“ op. 99 von Robert und drei Variationen aus op. 20 über eines seiner Themen von Clara, wo Zeller geschmackvolle Gestaltung und in einemFalle geradezu „lisztsche“ Fingerfertigkeit demonstrierte.
Ansonsten lag der Schwerpunkt auf der Liedkunst – neben der Klaviermusik die am meisten gepflegte Gattung des Komponisten. Mittelpunkt des Programms bildete der achtteilige Zyklus „Frauenliebe und -leben“ op. 42 nach Gedichten des Adalbert v. Chamisso (gerne hätteman –wie allgemein üblich – auch die Dichter auf dem Programmblatt gefunden). Es ist geradezu ein Wunder, wie Schumann die biedermeierlichen Texte durch seine Musik zu hoher Kunst erhoben hat, die beide Künstlerinnen in bestem Einvernehmen zu eindringlicher Gestaltung brachten.
Auch Clara war noch einmal mit ihrer als durchkomponierte dramatische Ballade vertonten „Lorelei“ und dem schmerzlichen „Sie liebten sich beide“ vertreten, bevor die Vortragsfolge mit „Aufträge“, „Waldesgespräch“ (müsste aus op. 39, nicht 77 stammen) und der herrlichen Rückert-Vertonung „Widmung“ von Robert wirkungsvoll zu Ende ging. Nach anhaltendem Beifall gab es noch eine neckische, kapriziöse Zugabe in Form des Goethe-Lieds „Singet nicht in Trauertönen“. |