Anita Mishoukova stammt aus St. Petersburg. Sie studierte am Konservatorium ihrer Heimatstadt, am berühmten Curtis Institute of Music in Philadelphia (USA) und zuletzt an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Im zarten Alter von 7 Jahren trat sie erstmals als Solistin mit einem Orchester auf. Sie ist Preisträgerin vieler Wettbewerbe und gab Konzerte in Europa, Japan und den USA. Sie spielt eine Geige von Giuseppe Odardio, Ascoli 1780. Nana Mamayeva wurde in Kharkov/Ukraine geboren. Ihre Konzerttätigkeit begann im Alter von 11 Jahren. Früh errang sie Preise in internationalen Wettbewerben. Seit dem Jahr 2000 ist sie Dozentin an der HTM Hannover im Rahmen des „Instituts zur Förderung musikalisch Hochbegabter“ und Assistentin von Prof. Bernd Goetzke.
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Coburger Tageblatt vom 28. Oktober 2009
SUBTILE TONGEBUNG UND BRILLANZ In der Reihe „Podium junger Künstler“ gastierten Anita Mishoukova (Violine) und Nana Mamayeva (Klavier) am Montag bei der „Gesellschaft der Musikfreunde“ in Coburg.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
Als Gemeinschaftsprojekt mit dem Kulturbüro der Stadt Coburg bietet die „Gesellschaft der Musikfreunde“ in jeder Saison auch einmal jungen Künstlern ein Podium, um sich zu bewähren und Konzerterfahrungen zu sammeln. In die sem Jahr hatte man die russische Geigerin Anita Mishoukova und die ukrainische Pianistin Nana Mamayeva ausgewählt. Beide sind bereits erfahrene, reife Solisten und seit früher Jugend auf dem Konzert podium, so dass die Bezeichnung „junge Künstler“ hier nur bedingt zutrifft. Mit einem interessanten, ausgefallenen Programm, das ganz im Zeichen französischer Violinmusik aus Spätromantik und Impressionismus stand, beeindruckten sie durch hohe Virtuosität und organisches Zusammenspiel das Coburger Publikum. George Enescu, mit dessen Sonate Nr.2 f-Moll op.6 die Vortragsfolge begann, war zwar Rumäne, erhielt aber seine musikalische Ausbildung hauptsächlich in Paris, wo Gabriel Fauré sein Kompositionslehrer war. Im „Hauptberuf“ war er Violinvirtuose, Pianist, Dirigent und Pädagoge, so dass sein Oeuvre relativ klein ist. Seine 2. Violinsonate ist ein stürmisches Jugendwerk mit expressivem, die Violine in extreme Höhen führenden Kopfsatz, einem poetischen, ruhig fließenden Mittelsatz und einem spielfreudigen Finale mit leidenschaftlichen Aufschwüngen. Der Geigerin Anita Mishoukova bot sich hier reichlich Gelegenheit, ihre überlegene Technik und subtile, differenzierte Tongebung zu entfalten, wie auch Nana Mamayeva den vollgriffigen, mit vielen Schwierigkeiten gespickten Klavierpart überlegen und anpassungsvoll, wenn auch bisweilen etwas zu kräftig im Anschlag wiedergab.
Begeisterter Beifall
Mit vielen tonlichen Feinheiten und klanglicher Delikatesse statteten beide Künstlerinnen anschießend die späte Sonate g-Moll von Claude Debussy aus, deren drei abwechslungsreiche Sätzemit vielen reizvollenÜberraschungen aufwarten. Ausgesprochene Virtuosenstücke waren sodann im zweiten Teil des Konzerts zu hören. Es begann mit der für Pablo de Sarasate komponierten Introduktion und Rondo capriccioso op. 28 von Camille Saint-Saens, feurig und temperamentvoll mit fulminanter Technik dargeboten. Für den großen Geiger Eugène Ysaye schrieb Ernest Chausson, Schüler von César Franck, sein berühmtes „Poème“ op.25, das großbögig ausladende Thematik, aber auch technisch höchst anspruchsvolle Partien enthält. Auch hier beeindruckten beide Interpretinnen mit ausdrucksvoller Gestaltung wie Brillanz.
Höhepunkt und Abschluss des Programms bildete die für eine ungarische Geigerin komponierte Konzertrhapsodie „Tzigane“ von Maurice Ravel, ein stilisierter Csardas mit langer, von Anita Mishoukova kraftvoll und sicher sowiemit geschmackvollen Rubati und Portamenti dargebotener Solo-Einleitung und anschließend virtuos hinzutretender Begleitung, die Nana Mamayeva sicher im Griff hatte. Es gab begeisterten Beifall für die hervorragenden Solistinnen, die noch einmal den kapriziösen zweiten Satz der Debussy- Sonate als Zugabe darboten.
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Neue Presse vom 28. Oktober 2009
VIOLINKUNST SPRENGT ALLE GRENZEN Die Geigerin Anita Mishoukova und ihre Klavierbegleiterin Anna Mamayeva musizierten im Coburger Kongresshaus.
VON DR. PETER MÜLLER
Ihre Geige hätte noch Jetlag und eine kleine Erkältung durch den atlantischen Anflug, sagte die Solistin Anita Mishoukova nach dem Konzert der Neuen Presse. „Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich“ – denn nur den sensibelsten Gehörmuscheln wäre das nach diesem fulminanten Kraftakt technischer und konzertanter Bravour in den Sinn gekommen. Mag die Geige auch schlecht gelaunt gewesen sein, die Künstlerin, die sie spielte, war sicher und perfekt, wie sie es bestimmt schon mit sieben Jahren war, als sie ihr erstes Konzert gab. Das Publikum der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg mit dem „Podium junger Künstler international“ war am Montagabend im Kongresshaus von Beginn an fasziniert.
Zwischen der Musikschule in Hannover, der Royal Academie of Music in London, St. Leningrad und Philadelphia (USA) macht so ein Instrument schon etliches mit. Erstaunlich nur, wie die junge Frau aus St. Petersburg diese Globalisierung wegsteckt. Keine Reise- und Ermüdungserscheinungen waren in der großen „Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 f-Moll op. 6“ von George Enescu (1881-1955) zu bemerken. Der rumänische Komponist, der in Wien bei Joseph Hellmesberger Violine und als 13-Jähriger in Paris Violine und Komposition bei Jules Massenet und schließlich bei Fauré studierte, bemühte sich wie Bela Bartók um die rumänische Volkskultur mit europäischen Einflüssen. Zu seinen Schülern zählte Yehudi Menuhin, dessen Kunst auch Anita Mishoukova beeinflusste.
Ihre Partnerin am Klavier, Anna Mamayeva aus der Ukraine, Schülerin von Viktor Makarov, steht ihr in europäischen Konzertpräsenz und erreichten Preisen in nichts nach. Sie ist seit 2000 Dozentin an der Musikhochschule in Hannover. In der für beide Partnerinnen gleichberechtigten Sonate von Enescu spielten sie ihren höchst konzentrierten Part mit energischem Ton und in allen differenzierten Gefühlslagen des Werkes aus; zwischen archaischen Strukturen (wie die Landschaft in „Edipo re“ im Film von Pasolini) und impulsiven Gefühlsausbrüchen, mal melancholisch, still und erhaben, mal ausbrechend furios und tänzerisch ekstatisch vorantreibend.
Claude Debussys (1881-1918) „Sonate für Violine und Klavier g-Moll (1917)“ beginnt still und dunkel wie das Werk Enescus. Doch strebt es sehr bald zum großstädtisch stimmungsvollen Licht. Facettenreich wie die Großstadtlichter erklingen bei Anita Mishoukova die brillierenden Wechsel zwischen erregten Staccati und melodiösen Gesängen. Blitzsauber und mit großem schönen Ton der (erkälteten) Geige wird das muntere Treiben mit allen geigerischen Raffinessen und frechem Klavierpart ausgelassen vor Ohren geführt. Mit einem stürmischen Sonatensatz a deux endet diese romantische Impression.
„Introduction et Rondo capriccioso op. 28“ ist sicher eine der schönsten Herausforderungen jedes Violinvirtuosen. Alle technischen und interpretatorischen Kunstfertigkeiten ballen sich in diesem schmeichelnden und exzentrisch-spanischen Meisterstück. Ruhig und melancholisch dagegen ist die Grundstimmung des „Poème op. 25“ von Ernest Chausson (1855-1899). Schlicht und einfach schön ließ Anita Mishoukova ihr Instrument den Klängen nach lauschen. In der Ruhe des Stückes liegt die Kraft, die Energie und das Streben nach dem weiblichen Prinzip stiller Präsenz.
Am Ende dieser Triade virtuoser Violinstücke, das jeden Geiger anspornt und vom Hocker reißt, spielten die beiden jugendfrischen Künstlerinnen von Weltrang mit der „Tzigane“ von Maurice Ravel (1875-1937) ihre perfekte virtuose Technik, ihre souveräne Klanggestaltung voll aus. Geigenakrobatik mit Doppelflageoletts, Spiccato und Pizzicato mit der linken wie der rechten Hand – und das alles seit Paganini zugleich – führten zu einer Apotheose der Konzertanz, die nicht nur Jubelstürme auslöste, eine Zugabe erreichte, sondern wirklich Fachleute staunen und Laien sich wundern ließ.
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