Ab und zu schmiedet einem doch der Zufall das Glück: Weil das amerikanische Generalmanagement eines jungen chinesischen Geigers (den wir verpflichtet hatten) sämtliche Tourneen und Konzertverpflichtungen in unbedeutenden Städten unter 1 Million Einwohner (z.B. Coburg) kalt lächelnd stornierte, kommt mit Kristof Baráti statt dessen ein Künstler auf unser Podium, den wir uns hier möglicher Weise nie mehr werden leisten können. Der Preisträger des berühmten Concours Reine Elisabeth in Brüssel hat unlängst auch den internationalen Paganini Wettbewerb in Moskau gewonnen. Zudem wurde im März 2011 der Franz Liszt Preis des Ungarisches Staates verliehen. Er ist weltweit aktiv und musiziert mit Dirigenten wie Ivan Fischer, Kurt Masur, Vladimir Spivakov, Jiri Belohlavek, Marek Janovski oder Yuri Temirkanov.
www.kristofbarati.com |
Coburger Tageblatt vom 25. Januar 2012
WILDE UNGARISCHE KÜNSTLER „Virtuosi alla Hungharese“ verblüfften bei den Musikfreunden.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
In der Reihe „Podium junger Künstler – international“, ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Kulturbüro der Stadt Coburg, stellte die Gesellschaft der Musikfreunde zwei grandiose Talente aus Ungarn vor: den Geiger Kristof Baráti und den Pianisten Gábor Farkás. Mit makelloser Technik und reifer Gestaltung musizierten sie Werke von Mozart, Schumann, Bach, Bartók und Paganini, wofür sie enthusiastischen Beifall erhielten. Am Beginn stand die oft zu hörende Sonate G-Dur KV 301 für Klavier und Violine von Mozart in zwei Sätzen, die von beiden Interpreten spielfreudig mit Lockerheit und Geläufigkeit dargeboten wurde. Der tragfähige, edle Ton der Stradivari von 1703, auf der Kristof Baráti spielt, verband sich aufs Beste mit der subtilen Anschlagskunst von Gábor Farkás, der bei geöffnetem Flügel stets auf klangliche Balance bedacht war. Ein Spätwerk aus dem Jahre 1851 ist die Sonate für Violine und Klavier Nr. 1 a-Moll op. 105 von Robert Schumann mit ihrem schwärmerischen Kopfsatz, dem melodisch eingängigen Mittelsatz und dem motorisch beginnenden, aber auch weit ausschwingende Melodiebögen umfassenden Schlusssatz.
Seltenes Erlebnis Beide Künstler gestalteten das Werk in selbstverständlicher technischer Überlegenheit dynamisch-agogisch wie aus einem Guss, wobei temperamentvoller, energischer Zugriff mit expressiver Lyrik abwechselte. Nach der Pause stand zuerst die Partita Nr. 3 E-Dur für Violine solo von Bach auf dem Programm. Selten wird man diesen „Prüfstein“ für alle Geiger so blitzsauber mit stupender Finger- wie Bogentechnik zu Gehör bekommen, dabei,wie im Preludio, in einem Höllentempo und dennoch mit vielen Echowirkungen dynamisch strukturiert. Die mit klangreinen Doppelgriffen musizierte Loure wie die differenziert wiedergegebenen Tanzsätze machten das Anhören dieser gelungenen Wiedergabe vollends zum Genuss. Natürlich spielte Kristof Baráti das Werk sicher auswendig, ebenso den Rest der Vortragsfolge. Dieser bestand zunächst – natürlich musste etwas „Ungarisches“ im Programm sein – aus den Rumänischen Volkstänzen für Violine und Klavier von Béla Bartók, rassig mit tonlicher Delikatesse mitreißend dargeboten, und dem hoch virtuosen „La Campanella“ op. 7 von Niccolò Paganini. Das mit unwahrscheinlicher Finger- und Bogentechnik, ja geradezu artistisch dargebotene Zugstück, bei demauch der Pianist Gábor Farkás in den Zwischenspielen nochmals sein Können beweisen musste, rief wahre Begeisterungsstürme hervor. Die hielten auch noch nach den zwei virtuosen „spanischen“ Zugaben an. Die „Virtuosi alla Hungharese“ waren nicht zu Unrecht als solche angekündigtworden. |
Neue Presse vom 25. Januar 2012
ELEGANZ DER VIRTUOSEN Kristof Baráti, Violine, und Gábor Farkás, Klavier, spielen selbst anspruchsvollste Literatur mit wohltuender Feinheit. Sie finden im Coburger Kongresshaus den authentischen Klang im klaren Tempo.
VON BERND SCHELLHORN
Die wahre Kunst entsteht nicht aus der Technik. Diese ist mehr handwerkliche Voraussetzung und bietet die Grundlage für die Interpretation. Wie das Publikum der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg e.V. am Montagabend im Kongresshaus miterleben durfte, entsteht Kunst erst aus der intensiven Ruhe, die sich im dem passenden Tempo als sinniger Klang offenbart, mühelos klingt, jede Kleinigkeit darlegt und – selbst in virtuosen Strecken – niemals aufdringlich wird. Es wirkt elegant und nobel, es scheut die Ausbrüche (selbst in den Bartók’schen Volkstänzen), dieses reife Zusammenspiel zwischen Kristof Baráti, Violine, und Gábor Farkás am Klavier.
Wie mit einem Seufzen begann der Abend. Die Violine hauchte sich in die „Sonate für Violine und Klavier G-Dur KV 301“, sang sich klassizistisch und klar in die adretten Motive und schmiegte sich in die bei Mozart so fein versteckte Kontrapunktik des Klaviers. Wie wohltuend fiel bereits hier das passende Tempo auf, das dem „Allegro con spirito“ seine feine Atmung gab und die Kantilenen der Motive vornehm in die Weite des Raums setzte. Das Fugato der Durchführung blieb – bei aller Dramatik – ein kunstvolles Ineinander aus Transparenz. Die Violine tauchte sich mehr in die Intensität als in die Dynamik. Klug und präzise schuf der Pianist im Abphrasieren Platz für neuerliche Einsätze. Robert Schumanns „Sonate Nr. 1 a-Moll“ lebt – wie alle seine späten Werke – nicht aus der Weltabgewandtheit des Kranken, sondern aus der Verdichtung des unerschöpflichen musikalischen Gedankens, aus der Entsagung von Konventionen und in der Vision einer melodischen Kontrapunktik, die jegliche Tonalität überwindet. Fast zigeunerhaft und jäh bestimmt erklingt das Hauptmotiv und sammelt sich dann in langen Tönen (die der Violinist klar und wie seziert ansetzte, um ihnen dann mit einem sich steigernden Vibrato zu Lebenund Dringlichkeit zu verhelfen). Voller Nerv und Verve Das folgende Allegretto erschien wie aus einem Opiumtraum und besaß einen narkotischen Liebreiz, der sich durch Rubati in den motivischen „Auflösungen“ ständig fortträumte. Fast im Ungemach fand sich der dritte Satz in der Wirklichkeit wieder. Erregte sich, warf seine Unruhe kanonisch durch Violine und Klavier, bis er sich plötzlich im Zitat der barockschen Logik beruhigte, kurze Klarheit erlangte und anschließend sofort wieder in Nervosität verfiel und als stummer Aufschrei endete. Eine Interpretation wie eine Anamnese. Großartig. Dann kitzelte Kristof Baráti Johann Sebastian Bachs „Partita E-Dur“ (für Violine solo) und die abenteuerlich schwer spielbaren Sätze tanzten aus seiner Stradivari, verbeugten sich nobel in abfallenden Phrasen, reichten sich die Hände in Doppelgriffen, machten Pirouetten, Knickse und kamen nie außer Atem, denn Kristof Baráti zauberte für ein jedes Tänzchen das richtige Tempo und jede Figur kam daher als galante Aufforderung. Raffinierter als mit den Bartók’schen Volkstänzen konnte es nicht weitergehen. Deren Melodik und spritzige Rhythmik kosteten der Pianist und der Violinist sehr kunstvoll aus, ohne auf überbordende Dynamik und Akzente zu setzen. So erklangen diese sehr intensiv, voller Nerv und Verve und volksnah musikantisch. Mit Bravourstücken von Niccolò Paganini („La Campanella“) und Pablo de Sarasate („Zapateado“ und „Malaguena“ als Zugaben) zeigten die beiden Künstler, wie sinnlich virtuose Musik klingen kann, wenn sich alle Virtuosität dem Eros und der Musikalität unterordnet: Die Flageoletts säuselten wie Glas, die Läufe perlten in der Intensität jeden Tones und wurden rhythmischer Bestandteil, die Akkordbrechungen federten sich in die Leichtigkeit des Seins. Es gab Bravos aus dem zu einem Drittel besetzten Kongresshaus für die beiden international erfolgreichen Künstler. |