Unser Ehrenmitglied spielt – Michal Kanka & Rumi Itoh (2007)

Dienstag, 11. Dezember 2007

20:00 Uhr
im Kongresshaus Rosengarten

Unser Ehrenmitglied spielt

Michal Kanka, Violoncello
Rumi Itoh, Klavier

Franz Schubert

Sonatine D-Dur D 384

 

Ludwig van Beethoven

Sonate für Klavier und Violoncello A-Dur op. 69

 

César Franck

Sonate A-Dur

 
 
 

Der Prager Cellist Michal Kanka war bereits siebenmal bei den Musikfreunden zu hören, einmal mit dem Martinu Quartett, viermal mit dem Prazák Quartett und zweimal mit einem Klavierpartner. Anlässlich seines letzten Auftritts wurde er im Dezember 2004 zu deren Ehrenmitglied ernannt. Ein Rezensent schrieb über diesen Auftritt: „Musizieren auf höchstem Niveau“ (CT). Und wie damals wird er von der in Japan lebenden Pianistin Rumi Itoh begleitet, mit der zusammen er anschließend eine Japan-Tournee absolvieren wird. Bereits im nächsten Monat wird er dann als Mitglied des Pražák Quartetts wieder auf der Bühne des Kongresshauses sein.

 
 
 

Coburger Tageblatt vom Donnerstag, 13. Dezember 2007

EIN BRILLANTES DUO MIT UNGEWÖHNLICHEM PROGRAMM
Der Prager Cellist Michal Kanka und die japanische Pianistin Rumi Itoh gastierten im Kongresshaus

VON GERHARD DEUTSCHMANN

Ein besonderes Konzerterlebnis bescherte die Gesellschaft der Musikfreunde ihren Mitgliedern und Gästen mit dem Auftritt eines hochkarätigen Künstler-Duos, das in Coburg bereits bestens bekannt ist. Zwischen zwei Auftritten in Prag und Wien gelang es, den Prager Cellisten Michal Kanka (er war bereits sieben Mal mit verschiedenen Formationen in Coburg und wurde 2004 zum Ehrenmitglied ernannt) sowie die japanische Pianistin Rumi Itoh abermals für ein Konzert zu gewinnen, das wiederum einen großen Eindruck hinterließ.

Ungewöhnlich war das Programm mit zwei adaptierten Violinwerken von Schubert und César Franck sowie einer Beethoven-Sonate in der Mitte. Beide Künstler, die seit genau 10 Jahren zusammen konzertieren, wurden lebhaft gefeiert.

Ungleich reichhaltiger im Vergleich zum Cello ist die Literatur für Violine, was Cellisten dazu anregen mag, hier gelegentlich Anleihen zu machen. Manchmal ist das Ergebnis positiv (wie bei der César Franck-Sonate), ein anderes Mal weniger. Die Sonatine D-Dur D 384 von Schubert klingt auf dem Cello durch die tiefe Oktavierung recht dumpf und ist durch die vielen notwendigen Lagenwechsel unbequem zu spielen. Natürlich bereitete sie – eigentlich der gehobenen Hausmusik zugehörig – einem Cellisten wie Michal Kanka keinerlei Schwierigkeiten. Mit überlegener Finger- und Bogentechnik, geschmeidigen Saitenübergängen, großem pastosen Ton und sensibler, wenn notwendig auch energischer Gestaltung zauberte er die drei musikantischen Sätze aus seinem noblen Instrument. Rumi Itoh beeindruckte als anpassungsfähige, technisch souveräne Partnerin am Flügel.

Ein „echtes“ Cellowerk erlebte man anschließend mit der Sonate A-Dur op.69 für Klavier und Violoncello von Beethoven, welche die am häufigsten gespielte des Meisters ist. Beginnend im Cello, dann unisono mit dem Klavier entwickelt der Kopfsatz große lyrische Dichte, die sich in der Durchführung dramatisch steigert. Reizvoll das synkopierte Scherzo, das kurze Adagio cantabile und das quirlige, brillant gespielte Rondo-Finale. Hier erlebte man beide Künstler mit konzentrierter, temperamentvoller Gestaltung und blendendem Zusammenspiel.

Die Bezeichnung „für Klavier und Violoncello“ ist vom Komponisten bewusst gewählt worden, da hier das Tasteninstrument zumindest gleichberechtigt, ja bei diversen Passagen noch anspruchsvoller behandelt wird, wozu Rumi Itoh die notwendigen Voraussetzungen mitbrachte.

Enorme Anforderungen an die Pianistin, die sie glänzend bewältigte, ohne sich bei stets kultiviertem Anschlag in den Vordergrund zu drängen, brachte auch die Sonate A-Dur von César Franck – wie gesagt, ursprünglich für Violine und Klavier konzipiert, aber inzwischen auch erfolgreich von den Cellisten vereinnahmt. Mit noblem, strahlenden Ton, nachtwandlerischer Sicherheit auf dem Griffbrett und intensiver Gestaltung ließ Michal Kanka das blühende Melos des genialen Werks ebenso zur Geltung kommen wie die leidenschaftlichen Passagen im 2. Satz. Das expressive Rezitativo und das bewegte kanonische Finale wurden ebenso eindrucksvoll gestaltet.

Nach langem Beifall gab es zwei Zugaben, in denen Michal Kanka tonlichen Schmelz bis in höchste Lagen verströmte: „Die alte Mutter“ von Dvorák und „Der Schwan“ von Saint-Saens.

 
 
 

Neue Presse vom Donnerstag, 13. Dezember 2007

SINGENDER SCHUBERT, BRILLIANTER BEETHOVEN
„Super Duo“ Michal Kanka und Rumi Itoh

VON RUDOLF POTYRA

Als „Super Duo“ bezeichnet ein dem Programm beigelegtes Informationsblatt Rumi Itoh, Klavier, und Michal Kanka, Violoncello. Und das sind sie auch. Die beiden Künstler, die seit 10 Jahren zusammen konzertieren, bescherten den Coburger Musikfreunden einen Konzertabend, den man nicht vergessen wird. Trotz des ungewohnten Termins – ein Dienstag und nur einen Tag nach dem Sinfoniekonzert im Landestheater – war der Saal des Kongresshauses recht gut besetzt. Dazu mag auch der Name des Cellisten Michal Kanka beigetragen haben, der bereits siebenmal – in unterschiedlichen Besetzungen – Gast bei den Musikfreunden war. Im nächsten Monat wird er wieder – zusammen mit dem Prazák-Quartett – nach Coburg kommen.

Faszinierende Bearbeitungen

Das Kammermusik-Repertoire für Violoncello ist relativ schmal. Deshalb greifen die Cellisten immer wieder zu geeigneten Bearbeitungen anderer Werke. So auch an diesem Abend: zwei der drei Werke, die auf dem Programm standen, waren Einrichtungen anderer Kompositionen.

Den Auftakt machte die Sonatine D-Dur, D 384, für Violoncello und Klavier von Franz Schubert. Der Komponist war 19 Jahre alt, als er drei „Sonaten fürs Pianoforte mit Begleitung einer Violine“ schrieb. Den verniedlichenden Titel „Sonatine“ hat ihr erst der Verleger Diabelli 1836 bei der ersten Druckausgabe angehängt; vermutlich, um sie für den hausmusikalischen Gebrauch zu empfehlen. Und dabei ist es auch geblieben; die „Sonaten“ heißen weiter „Sonatinen“ und sind in der Hausmusik beliebt wie eh und je. Reizvolles Wechselspiel beider Instrumente prägt das ganze Werk, das mit einem Dreiklangsmotiv beginnt, das marschartige „Andante“ zierlich umspielt und mit einem quicklebendigen Rondo schließt. Schwerelos ließen die beiden Künstler Schubert „singen“; auch der Moll-Einschub im Mittelsatz konnte den heiteren Himmel nicht trüben.

Das einzige Originalwerk des Abends, die Sonate A-Dur, op. 69, für Violoncello und Klavier von Ludwig van Beethoven wurde zum Höhepunkt des Programms. Mit dieser Sonate, die in der zeitlichen Nachbarschaft von Meisterwerken wie der „Pastorale“, des 4. Klavierkonzerts und der Rasumowsky-Quartette entstand, schuf Beethoven ein weiteres Meisterwerk von klassischer Ausgewogenheit und gedanklicher Tiefe.

Mit großem Atem, quasi improvisierend breitet das Violoncello ganz allein das einzigartige Thema aus, das das Tor für einen reich gegliederten Satz mit einer weit ausladenden Durchführung öffnet.

Ein mit seinen Synkopen widerborstig anmutendes Scherzo schließt sich an, ehe nach einem kurzen, in Beethoven’schem Melos aufblühenden Adagio-Gesang ein Finale mit virtuos spielerischer Brillanz das Werk beschließt. Was die beiden Künstler boten, war eine schlechterdings vollendete Interpretation, bei der man sich in jedem Takt sagte: Besser kann man’s kaum machen!

Das letzte Werk der Vortragsfolge, die Sonate A-Dur von César Franck, war wiederum die Transkription einer Violinsonate, die allerdings noch zu Lebzeiten Francks in einer Bearbeitung für Violoncello und Klavier erschien. Franck, 1822 geboren, wandte sich erst relativ spät anderen Instrumenten als der Orgel zu. Seine (einzige) Violinsonate komponierte er 1886 als Hochzeitsgeschenk für den berühmten belgischen Geiger Eugène Ysaye. Sie ist ein breit ausladendes Werk, deren einzelne Sätze durch einen gemeinsamen musikalischen Kern miteinander verbunden sind und fast eine zyklische Einheit bilden.

Reine Hörfreude

Reiche Kontrapunktik und Harmonik weisen den Professor für Orgelspiel, der Franck ab 1872 war, aus und bieten dem Analytiker viele Anhaltspunkte, ohne jedoch die reine Hörfreude an diesem großartigen Werk zu mindern. Aus dem Piano heraus entfaltet sich der Kopfsatz zu großem, weitem Ton, ehe er in wunderschöner Weise ausklingt. Unterbrochen von ruhigen Episoden gibt sich der 2. Satz mit seinem scharfem Tempo scherzoartig. In geradezu hochdramatische Bereiche führt der als „Recitativo“ beginnende 3. Satz. Wie gebändigte Leidenschaft mutet die Inbrunst des „Molto lento“ im 4. Satz an, dem zunächst das Violoncello allein seine Stimme leiht. Ein sangliches Thema, das die beiden Instrumente imitierend vorstellen leitet das Finale ein, das mit einer großen Steigerung das Werk beschließt. Der Beifall war nach dieser glänzenden Interpretation natürlich lang und begeistert. Er wurde mit zwei Zugaben belohnt: einem Lied von Benjamin Godard und dem „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns.

Unser Ehrenmitglied spielt (2007)

Montag, 05. Februar 2007,

20 Uhr

Unser Ehrenmitglied spielt

Ewa Kupiec, Klavier

Clara Schumann

Sonate g-Moll (1841/42)

Robert Schumann

Symphonische Etüden op.13

Frédéric Chopin

Sonate h-Moll op.58

Seit 7 Jahren ist Ewa Kupiec nun schon Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde. Irgendwelche werbenden Texte erübrigen sich: für die hohe Qualität ihrer subtilen wie kraftvollen Kunst hat Ewa Kupiec in drei Solo Recitals und drei Auftritten mit kammermusikalischen Partnern (Alban Gerhardt – Isabelle Faust – Prazak Quartett) bereits selbst geworben. Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere Musikfreund an die vergangenen Soloabende: vor bald 12 Jahren spielte die Künstlerin ein Chopin-Programm mit einer Halbzeit Nocturnes und einer Halbzeit Polonaisen. Drei Jahre später waren Walzer und sämtliche Préludes von Chopin an der Reihe. Und im Januar 2002 erklang neben Chopins b-Moll Sonate der zweiteilige Zyklus „Auf grasverwachsenem Pfade“ von Leos Janácek.

Coburger Tageblatt vom 7. Februar 2007

EWA KUPIECS TEMPERAMENTVOLLE UND POETISCHE KUNST
Musikfreunde: Das Ehrenmitglied kam wieder zu einem hochkarätigen Solo-Recital ins Kongresshaus.


VON GERHARD DEUTSCHMANN

1995 gastierte Ewa Kupiec erstmalig bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Coburg – drei Jahre nachdem sie den ARD-Wettbewerb gewonnen hatte. In der Folge war sie je drei Mal als Solistin oder Begleiterin im Kongresshaus zu erleben, wurde zum Ehrenmitglied der Musikfreunde ernannt und gab nunmehr ihr viertes Solo-Recital mit Werken von Clara und Robert Schumann sowie Frédéric Chopin. Das große Publikum bedachte das faszinierende Spiel der inzwischen international gefeierten Künstlerin mit starkem Beifall.

Dass Clara Schumann nicht nur eine begabte Pianistin, sondern auch Komponistin war, ist hinlänglich bekannt. Nur musste sie sich – wie Fanny Mendelssohn ihrem Bruder – ihrem Gatten unterordnen und durfte nur komponieren oder Klavier üben, wenn er nicht arbeitete. So konnte ihr Stil freilich nicht vollends ausreifen, und vieles wirkt etwas episodenhaft, nicht immer logisch aneinander gesetzt, wie etwa in der Sonate g-Moll, in den Jahren kurz nach der Hochzeit 1840 komponiert.

Sie besteht aus einem pianistisch anspruchsvollen Kopfsatz mit melodisch einprägsamem Hauptthema, einem kurzen ausdrucksvollen Adagio, einem kapriziösen Scherzo mit ruhigem Mittelteil und einem leidenschaftlich bewegten Rondo-Finale mit energischem Schluss. Ewa Kupiec konnte bereits hier ihre subtile Anschlagskultur und temperamentvolle Gestaltungskunst eindrucksvoll demonstrieren.

Die Pranke des Löwen zeigte sie anschließend in den ungemein schwierigen Symphonischen Etüden op. 13 von Robert Schumann über ein Thema des Barons v. Fricken. In den zwölf Variationen geht der Komponist bis an die Grenzen des pianistisch Möglichen und breitet daneben eine reiche Gefühlsskala aus. Von dem hinreißenden, kraftvollen wie poetischen Spiel der Pianistin war man förmlich hingerissen und konnte nur staunen, mit welcher Fingerfertigkeit, Treffsicherheit und großer Dichte des Ausdrucks Ewa Kupiec diesen klavieristischen Prüfstein bewältigte.

Nach der Pause wandte sie sich sodann ihrem Lieblingskomponisten und „halbem“ Landsmann Frédéric Chopin zu. Mit subtilem Anschlag, expressiver Melodieführung, breiter dynamischer Palette sowie eleganten Verzierungen spielte sie zunächst die beiden Nocturnes op. 62 in H- und E-Dur, um dann zum Schluss die große Sonate Nr. 3 h-Moll op. 58 anzugehen, deren Schwierigkeit man wohl mit den zuvor gehörten Schumann-Etüden gleichsetzen kann.

Hier hörte man einen energiegeladenen Kopfsatz mit schönen lyrischen Episoden, ein brillantes Scherzo mit poetischem Trio, dem sich ohne Pause das wie ein Nocturne wirkende Largo anschließt, welches Ewa Kupiec mit breit strömender, großbögig gestalteter Melodik versah, bevor sie in dem atemlosen Tarantella-Finale alle Register ihres virtuosen Könnens ziehen konnte und einen furiosen Abschluss hinlegte. Die hoch schlagenden Beifallswogen nach dieser bravourösen Leistung wurden noch – trotz leicht lädierten Flügels, was Ewa Kupiec humorvoll demonstrierte – mit mehreren Zugaben geglättet.

Zunächst führte sie mit der verinnerlicht gespielten „Träumerei“ wieder zu Schumann zurück, um sich dann ihrem zweiten Lieblingskomponisten Leos Janácek zuzuwenden. Von dem hat sie unlängst das gesamte Klavierwerk eingespielt. Zuerst brachte Ewa Kupiec den 1. Satz „Vorahnung“ aus der ergreifenden Sonate „1.X. 1905“ und anschließend das innig gespielte kurze Klavierstück „Die Frydecker Mutter Gottes“ aus dem Zyklus „Auf verwachsenem Pfad“.

Bleibt nur zu hoffen, dass die gefeierte Pianistin immer wieder mal den Weg zu ihren Coburger Verehrern findet.

Neue Presse vom 7. Februar 2007

TRIUMPHALE KRAFTENTFALTUNG
Ewa Kupiec bei den Musikfreunden – Polnische Pianistin brillierte beim siebten Coburg-Besuch mit Schumann und Chopin


VON RUDOLF POTYRA

Da ist doch eine schöne und fruchtbare Partnerschaft gewachsen zwischen der polnischen Pianistin Ewa Kupiec und der Coburger Gesellschaft der Musikfreunde. Seit Ewa Kupiec 1992 im ARD-Wettbewerb einen Preis im Duo-Spiel (zusammen mit einem Cellisten) gewonnen hat, ging ihre Karriere steil nach oben. Sehr bald „griffen“ die Coburger Musikfreunde zu und verpflichteten die Künstlerin 1995 zu einem ersten Konzert. Inzwischen sind es sieben geworden; vier reine Klavierabende und drei mit verschiedenen Kammermusikpartnern. Der Respekt vor ihrer Interpretationskunst und die Herzlichkeit des gegenseitigen Verhältnisses entwickelten sich so, dass die Musikfreunde der Künstlerin vor sieben Jahren die Ehrenmitgliedschaft antrugen. Mit dem gewachsenen Bekanntheitsgrad und der damit steigenden Zahl von Verpflichtungen im gesamteuropäischen Raum wird es immer enger im Terminkalender der Künstlerin und die Abstände zwischen den einzelnen Konzerten in Coburg werden länger. So liegt ihr letzter Auftritt bei den Musikfreunden bereits fünf Jahre zurück. Doch jetzt konnte ihre große Verehrerschar sie am Montag im Kongresshaus von Neuem begrüßen und feiern. Zwei Namen standen auf ihrem Programm: Schumann und – natürlich – Chopin; Schumann dabei gleich in doppelter Ausfertigung. Die 1841/42 entstandene Sonate g-Moll von Clara Schumann eröffnete die Vortragsfolge. Die gefeierte Pianistin, die bereits mit 9 Jahren debütierte und mit 13 auf ihre erste Konzertreise ging, schrieb 1841 zunächst zwei Sätze ihrer „Sonatine“, die sie ihrem Mann Robert widmete, mit dem sie seit einem Jahr verheiratet war. Im Jahr darauf komplettierte sie das Werk zu einer „ausgewachsenen“ viersätzigen Sonate.

Die Grenzen des Machbaren

Ein sangliches Thema beherrscht den Kopfsatz. An einen mehrstimmigen Chor erinnert das folgende kurze Adagio, das „ausdrucksvoll und gut gebunden“ („con espressione e ben legato“) gespielt werden soll. Ebenfalls knapp formuliert ist das folgende Scherzo, das „leggieramente“ („leicht, mit perlendem Anschlag“) zu interpretieren ist. Etwas großformatiger ist das Schlussrondo angelegt. Aus einem ganz anderen Holz geschnitzt sind die „Symphonischen Etüden“ op. 13 von Robert Schumann. Der Komponist wollte offenbar die Grenzen dessen austesten, was auf dem Klavier möglich ist. „Etüden im Orchestercharakter von Florestan und Eusebius“ sollten die 17 Charaktervariationen ursprünglich heißen, die einmal auf den orchestralen Klang hinweisen sollten, den Schumann auf dem Klavier erreichen wollte, und zum andern auf den gegensätzlichen Charakter der beiden erdachten Personen Florestan und Eusebius, die im Denken Schumanns eine wichtige Rolle spielten. In den Variationen entwickelt Schumann ein Klangspektrum, das von einer kaum mehr zu greifenden Akkordwucht bis zu glasklarer Stimmführung, von spielerischer Brillanz bis zu triumphaler Prachtentfaltung reicht. Dieser gewaltige Variationen-Zyklus, in dem sich viele farbige Bilder zu einer großen Einheit finden, kann sich ebenbürtig an die Seite von Beethovens „Diabelli-Variationen“ stellen. Mit einer nicht zu übertreffenden Spieltechnik und einer in jeder Variation treffenden Bildhaftigkeit spielte Ewa Kupiec das Werk in der vom Komponisten selbst auf 12 Variationen reduzierten Fassung. Nach der Pause kehrte Ewa Kupiec „heim“ zu Frédéric Chopin. Die beiden Nocturnes op. 62, mit denen sie begann, gehören zu den Spätwerken Chopins. Er schrieb sie 1846. Sie erscheinen relativ selten auf den Programmen. Sie sind nicht so wirkungsvoll wie die früheren, dafür aber reif bis in die letzte Wendung. Weich in der melodischen Erfindung, poesievoll und beseelt, erfuhren sie durch die Pianistin eine vollendete, vergeistigte Wiedergabe. Am Ende des Programms stand die Sonate Nr. 3 in h-Moll. Mit kräftigem Zugriff eröffnet sie der Komponist mit einem marschartigen Thema, dem ein elegant formuliertes folgt, das mit seiner melodischen Süße einen Hauch Salon zu verströmen scheint. Virtuose Brillanz verleiht ihm den adäquaten Glanz. Auf das anschließende Scherzo folgt unmittelbar ein in sich selbst versunkenes Largo; ein Kunstwerk von tiefer Eindruck–skraft. Dann aber geht’s mit Elan in das Finale. Es ist ein Rondo, das der Komponist eindeutig als einen glänzenden, mitreißenden Schluss konzipiert hat, der das ganze Werk krönen soll. Und das tat er auch mit Wahnsinnsskalen und einer Kraftentfaltung, der ein Ton des Klaviers nicht mehr gewachsen war und den Dienst versagte. Dieses Finale ist nicht nur ein spielerischer, sondern auch ein athletischer Gewaltakt. Den quittierten die vielen Besucher mit tosendem Beifall und lauten Bravorufen. Bei so viel Applaus ließ sich die Künstlerin nicht lange bitten, und gab, entspannt plaudernd, drei Zugaben: Robert Schumanns „Träumerei“ und von Leos Janacek einen leidenschaftlichen Sonatensatz und ein Gebet an die Gottesmutter