Montag, 6. November 2006
Bach im Mozartjahr
Gemeinschaftsprojekt mit der Musica Mauritiana
Barthold Kuijken, Traversflöte
Wieland Kuijken, Viola da gamba
Bob van Asperen, Cembalo

Johann Sebastian Bach
Sonate e-Moll BWV 1034 für Flöte und Basso continuo
Sonate D-Dur BWV 1028 für Viola da gamba und obligates Cembalo
Solo pour la flute traversière BWV 1013
Sonate h-Moll BWV 1030 für Flöte und obligates Cembalo
Triosonate G-Dur nach BWV 1039 und 1027 für Flöte, Viola da gamba und Basso continuo
Es grenzt an ein Wunder, diese hochberühmten Künstler in Coburg zusammen zu hören. Wir haben nicht etwa noch ein „Anschlußkonzert“ an einem freien Tourneetermin an Land gezogen: Das Konzert in der Morizkirche ist das einzige seiner Art. Die Künstler reisen dafür extra vom Ausland her an. Alle drei Interpreten sind äußerst einflussreiche Pioniere bei der Wiederentdeckung der historischen Aufführungspraxis. Jeder hat für sein Instrument entscheidenden Anteil an der Entwicklung des authentischen Klangbildes, sei es durch die Tätigkeit als Professor an den Musikhochschulen in Holland und Belgien oder sei es durch unzählige Konzerte. Zu den wesentlichen Mitstreitern der Künstler des heutigen Abends gehören Persönlichkeiten wie Gustav Leonhardt, Sigiswald Kuijken (der 1995 mit seinem Barockorchester La petite bande bei uns zu hören war), Frans Brüggen, Jordi Savall oder René Jacobs.
Weitere Details findet man unter www.goldbergweb.com oder www.konzertdirektion.de
Eintritt für Mitglieder frei, Gäste 15,- €, Schüler/Studenten 5,- €
Neue Presse vom Mittwoch, 8.11.2006
BACH AUF HÖCHSTEM NIVEAU
Kuijken-Trio in der Coburger Morizkirche
VON RUDOLF POTYRA
„Musica Mauritiana“ und die Gesellschaft der Musikfreunde präsentierten am Montag in der Coburger Morizkirche ein Konzert von höchstem musikalischem Anspruch, das man unter den Titel „Bach im Mozartjahr“ stellte. Es wurde in jeder Richtung zu einem vollen Erfolg.
Einmal von den drei Künstlern her: Barthold Kuijken, Traversflöte, Wieland Kuijken, Viola da gamba, und Bob van Asperen, Cembalo. Alle drei sind weltweit hoch angesehene Kenner und Könner alter Musik und ihrer Instrumente. Ihr Wissen und Können geben sie als Professoren niederländischer und belgischer Hochschulen an Studenten weiter, die aus aller Welt zu ihnen kommen, und dokumentieren es in zahllosen Konzerten, auf vielen CD-Einspielungen und in wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Einer solch „geballten Ladung“ höchstrangiger Künstler wird man so bald nicht wieder in Coburg begegnen.
Ein voller Erfolg war das Konzert auch seitens der Besucher. Das Schiff der Morizkirche war bis auf den letzten Platz besetzt von Zuhörern, die mit beispielhafter Intensität den Darbietungen folgten. Erstaunlich war, wie gut der Ton der alten (nachgebauten) Instrumente in dem großen Kirchenraum trug.
Das Programm war ausgewogen aufgebaut. Es begann mit der Sonate e-Moll für Flöte und Basso continuo, BWV 1034. Das viersätzige Werk beginnt mit einem ruhig fließenden Adagio. Die beiden, von Laufwerk dominierten Allegro-Sätze flankieren ein verzierungsreiches Andante über einem rhythmisch strengen Bass. In dieser Sonate trat aus gutem Grund die Gambe als Continuo-Bass zum Cembalo. Sie bildet mit der Flöte ein echtes Duo.
Mit der Sonate D-Dur für Gambe und obligates Cembalo, BWV 1028, tritt dieses als zweites konzertierendes Instrument an die Seite der Gambe. Das einleitende Adagio ist ein Wechselgesang zwischen den beiden Instrumenten. Ein flüssiges Allegro schließt sich an, ehe im folgenden Moll-Andante und dessen weit ausladendem Thema das Cembalo mit melodischen Floskeln meditiert und im Finale die beiden Instrumente förmlich um die Wette konzertieren. Mittelpunkt der Vortragsfolge war das „Solo pour le flute traversière“, BWV 1013; eine Partita für Flöte allein; ein (Alb-)Traum für alle Flötisten. Das pausenlose Laufwerk stellt sie vor atemtechnisch kaum lösbare Probleme. Es sind vier Tanzsätze, die Bach in der gängigen Folge aneinander reiht. Eine Allemande beginnt. Dann folgt eine Corrente, die mit ihren langen (atemlosen) Ketten ihrem Namen als „Lauftanz“ alle Ehre macht. Eine versonnene, reich verzierte Sarabande schließt sich an und statt der üblichen Gigue folgt eine „Bourrée anglaise“, ein übermütiger Kehraus.
Virtuosität auf der Traversflöte
Dass Barthold Kuijken dieses schwierige Werk – im Gegensatz zu seinen berühmten Kollegen, die die Boehm-Flöte bevorzugen – in der Originalfassung auf der Traversflöte spielt, wird in der Literatur mit Hochachtung registriert.
Barthold Kuijken war nach der Pause – zusammen mit Bob van Asperen – gleich wieder dran. Die beiden spielten zusammen die Sonate h-Moll für Flöte und obligates Cembalo, BWV 1030. Die in der Leipziger Zeit entstandene Sonate ist dreisätzig. Statt mit dem üblichen Allegro beginnt sie mit einem dahin strömenden, ungewöhlich langem Andante. Ein von der reich verzierten Flötenstimme geprägtes Siciliano mit einem nach barocker Weise weit ausschwingendem Thema schließt sich an, ehe im Finale recht Ungewöhnliches geschieht: Eine Fuge eröffnet den Satz, der in eine Gigue mündet, die im Presto dem Ende entgegen stürmt.
Am Ende vereinigten sich alle drei Künstler zu einer Triosonate in G-Dur, die nach BWV 1039 (Sonate für 2 Querflöten) und BWV 1027 (Sonate für Gambe) arrangiert wurde.
Eine sanfte Bewegung trägt den von der Viola da gamba dominierten Kopfsatz, während im folgenden maßvoll gezügelten Allegro Flöte und Gambe einander imitieren. Ein Moll-Adagio bildet dann die Brücke zum Presto-Finale. Die Zuhörer waren sich des Ausnahmecharakters dieses Konzertes voll bewusst und bedankten sich bei den Künstlern mit langem und herzlichem Beifall. Diese ließen ihrerseits mit einem ruhigen Satz in der gleichen Besetzung den Abend still und versonnen ausklingen.
Coburger Tageblatt vom Mittwoch, 8.11.2006
MEISTERHAFTES MUSIZIEREN IN EIGENEM KLANG
Konzert in St. Moriz: Drei weltberühmte Spezialisten für Alte Musik spielten „Bach im Mozartjahr“.
VON GERHARD DEUTSCHMANN
Ein Konzert-Highlight präsentierten Musica Mauritiana und die Gesellschaft der Musikfreunde in erstmaliger Zusammenarbeit einem recht zahlreichen Auditorium in der akustisch dankbaren, aber recht kühlen Morizkirche. Zu Gast waren drei weltberühmte Spezialisten für Alte Musik, die auf historischen Instrumenten ausschließlich Werke von Johann Sebastian Bach darboten: Barthold Kuijken (Traversflöte), Wieland Kuijken (Viola da gamba) und Bob van Asperen (Cembalo). Mozart als großer Verehrer des Thomaskantors wird nicht böse gewesen sein, dass in seinem Gedenkjahr ein reines Bach-Konzert stattfand. Die hochkarätigen Darbietungen der drei Künstler erhielten anhaltenden Beifall.
Obwohl „nur“ Bach gespielt wurde, bot das Konzert doch ständig Abwechslung in der Besetzung, indem Trio-, Duo- und Solowerke aufeinander folgten. Auch formal gab es mit viersätzigen Kirchensonaten, dreisätzigem Konzert und barocker Suite ein breites Spektrum.
Zu Beginn erklang die Sonate e-Moll BWV 1034 für Flöte und Basso continuo, in der man sich an den eigenen Klang der alten Instrumente gewöhnen konnte. Barthold Kuijken beeindruckte durch die abgerundete Tongebung und den intimen Klang seiner technisch makellos beherrschten hölzernen Traversflöte ohne Klappen. Von großem Atem getragene, weit ausschwingende Melodiebögen wechselten mit virtuoser Geläufigkeit in den raschen Sätzen ab. Das Continuo wurde ebenso vollwertig und klanglich dezent von Wieland Kuijken mit der Viola da gamba und Bob van Asperen am Cembalo ausgeführt.
Letztere waren sodann die Solisten in der Sonate D-Dur BWV 1028 für Viola da gamba und obligates Cembalo, in welcher Wieland Kuijken mit noblem Ton, lockerer Bogenführung und verinnerlichter Gestaltung mit dem von Bob van Asperen zuverlässig und überlegen beherrschten Cembalo organisch korrespondierte. Das einzige Solostück des Abends erklang anschließend mit der Suite „pour la Flûte traversière“ BWV 1013, die Barthold Kuijken mit klarem Ansatz, virtuos in den raschen Sätzen und beseeltem Ton in der Sarabande zum Vortrag brachte. Die Flöte war auch im zweiten Teil in gleicher Qualität führend, zunächst in der anspruchsvollen Sonate h-Moll BWV 1030 für Flöte und obligates Cembalo, mit dem Bob van Asperen dankbare, wenn auch schwierige Aufgaben glänzend löste, wie auch in der abschließenden Triosonate G-Dur nach BWV 1039 und 1027, in der sich alle drei Künstler nochmals zu harmonischem, klanglich ausgewogenem Zusammenspiel vereinigten. Nach anhaltendem Beifall gab es noch eine besinnliche Zugabe in Form des Siciliano aus der Flötensonate E-Dur.



