Prag trifft Österreich (2011)

Montag, 24. Oktober 2011, 20:00 Uhr

Kongresshaus Rosengarten

Bennewitz Quartett, Prag

Jiri Nemecek, Violine
Stepan Jezek, Violine
Jiri Pinkas, Viola
Stepan Dolezal, Violoncello

Joseph Haydn

Quartett Es-Dur op. 33,2 HOB III:38 „Der Scherz“

 

Hugo Wolf

Italienische Serenade für Streichquartett (1887)

 

Antonin Dvorák

Quartett Nr. 13 G-Dur op. 106

 
 
 

„In der Reihe Podium junger Künstler – international begeisterte das Ensemble die Coburger Zuhörer durch blutvolles, sensibel gestaltendes Musizieren anspruchsvoller Werke.“ Die Werke, von denen der Rezensent des CT im Mai 2010 sprach, stammten von Smetana, Janacek und Brahms. Das Quartett hatte nach dem Wettbewerbssieg in Osaka (2005) auch noch den bedeutenden Premio Paolo Borciani in Reggio Emilia gewonnen (2008) und debütierte dann eine Saison später bei der Gesellschaft der Musikfreunde. Diesmal besteht das böhmisch – österreichische Programm aus drei wichtigen Werken, die in den letzten 30 Jahren bei uns nicht mehr erklungen sind.


www.bennewitzquartet.com

 
 
 

Neue Presse vom 26. Oktober 2011

LIEBESAKT IN ZEITLUPE

Haydn findet neuen Stil, Wolfs Serenade ist jede Sünde wert und Dvorák sprüht vor musikantischer Lebenslust. Das Bennewitz-Quartett hat den Bogen raus und glänzt mit sinniger Transparenz.

 
VON BERND SCHELLHORN

Das Publikum dieses Konzertes der Gesellschaft der Musikfreunde hört Streichquartett-Interpretation in Reinkultur am Montagabend im Coburger Kongresshaus. Bereits beim Haydn vernehmen wir die begleitenden Gegenstimmen, die sich mit dem Melos der Führungsstimme verbinden und diese verdichten. Gekonnter kann Streichquartett nicht klingen, denn trotz aller versteckten Kontrapunktik und Seitenstimmen-Melodik bleibt der Klang in sich feinsinnig transparent und lebendig klar. Die Musiker des Bennewitz-Quartetts sind so präzise aufeinander eingespielt, dass sich die Kommunikation auf den Blick aus dem Augenwinkel beschränken kann. So findet sich jeder Einsatz, jedes Tempo und jedes Crescendo wie selbstverständlich.

Das Bennewitz-Quartett sucht sich in der feinen Differenzierung der Dynamik, schüttelt Joseph Haydns „Streichquartett Es-Dur op. 33, 2“ in jeder (bis aufs kleinste Detail durchschaute) Einzelstimme aus dem Ärmel und findet dadurch die pulsierende, straffe und kantabel-klassizistische Form. Alles ist Maßarbeit und es gibt keine Phrase, die unbedacht daherkommt. Die sehnsüchtigen Glissandi der ersten Violine (während des Trio im „Scherzando“) schweben über der Klarheit der Gegenstimmen und formen dadurch klanglich clownesken Ernst. Im dritten Satz entstehen durch die Instrumentenpaare der Violinen und der Bratsche mit dem Cello romantisch anmutende Duette. Gegen Ende setzt sich die Pause in den Vordergrund und fordert den Zuhörer auf, die entstehende Stille mit einem Echo der Thematik auszufüllen.

Dann beginnt übermütig die Balz. Hugo Wolfs „Italienische Serenade“ ist ein Liebesakt in Zeitlupe. Es beginnt stürmisch aufbegehrend, versucht sich dann in Würde und Gravität (fast choraliter), verlockt anschließend mit Süßholzraspeln und Gitarrenklängen (mit singender Bratsche und feinen Pizzicati), fasst Mut, erhitzt sich mit Gesang (das Motiv erfährt durch alle Stimmen immer kürzer folgende Einsätze) und kommt zum großen Gefühlsausbruch, zum Herzenserguss. Es ebbt ab und das Ständchen findet sich so, wie es begann.

Antonin Dvoráks „Streichquartett Nr. 13 G-Dur“ lebt in der Quarte und den unendlichen Melodien, in die man dieses Intervall betten kann. Das Bennewitz-Quartett fühlt sich zuhause, schwelgt in der überreichen Melodik des Komponisten und findet sich wie „blind“ zu den komplexesten Rubato-Tempi. Für den Zuhörer klingt die sprühende Interpretation zwingend musikalisch richtig. Der Rhythmus löst sich und findet sich im Cello neu, bis sich die Melodien der Violinen ach-so-süß in den Vordergrund spielen, sich mit der Bratsche in weiche, fein modulierende Flächen verwandeln, sich plötzlich im wilden Fugato umgarnen und mit dem Ostinato-Einsatz des Cellos ein Tänzchen beginnen. Authentischer kann Dvorák nicht gespielt werden, auch nicht transparenter, druckvoller oder dynamischer. Im Miteinander dieser großartigen Musiker erzeugen sprühendes Kolophonium und sinnliche Nuancierung der Bogen- und Spieltechnik klaren, aber hochempfindsamen Klang. Die ungeheure Intensität entsteht im Hören auf die Partner und der kunstvollen Zurücknahme zugunsten dieser. Es gibt langanhaltenden Beifall des dankbaren Publikums und zwei Zugaben.

 
 
 

Coburger Tageblatt vom 26. Oktober 2011

WIE STREICHER ZU SÄNGERN WERDEN
Das Bennewitz Quartett aus Prag gastierte zum zweiten Mal bei den Coburger „Musikfreunden“ im Kongresshaus. 


VON GERHARD DEUTSCHMANN

Wenn ein Ensemble nur anderthalb Jahre nach seinem ersten Auftritt bei der „Gesellschaft der Musikfreunde“ abermals engagiert wird, muss es einen besonders tiefen Eindruck hinterlassen haben. Das noch recht jugendliche Bennewitz Quartett begeisterte auch diesmal durch technisch perfektes, beseeltes wie temperamentvolles Musizieren in Werken von Joseph Haydn, Hugo Wolf und Antonin Dvorák. Jiri Nemecek, Stepán Jezek (Violinen), Jiri Pinkas (Viola) und Stepán Dolezal (Violoncello) boten hohe Quartettkunst in äußerst harmonischem Zusammenspiel.

Leidenschaftlich musiziert 

„Prag trifft Österreich“ war das Motto dieses Abends. Zunächst wurde dem verdienstvollen Schöpfer der Gattung Streichquartett – Joseph Haydn – mit seinem bedeutenden Opus 33 Nr. 2 in Es-Dur gehuldigt. Ungemein lebendig, mit differenzierter Dynamik wie Agogik und geschmeidigem Miteinander wurde der Kopfsatz musiziert. Im Trio des raschen Scherzandos gefielen die „schmalzigen“ wienerischen Glissandi des Primarius. Eindrucksvoll wurden die schroffen Gegensätze des Largos herausgearbeitet, ehe das spritzige, virtuose Presto-Finale mit seinem witzigen Schluss (daher auch der Name „Scherz-Quartett“) das unterhaltsame Werk wirkungsvoll beendete.

Selten auf den Konzertprogrammen der Quartette findet man die 1887 entstandene Italienische Serenade von Hugo Wolf, der hauptsächlich durch sein Liedschaffen berühmt wurde. Die häufiger in ihrer Orchesterfassung zu hörende Serenade – nur etwa fünf Minuten lang – ist ein kapriziöses Werk in raschem Tarantellarhythmus und technisch recht anspruchsvoll. Das Bennewitz Quartett bewältigte das geistreiche Opus mit spielerischer Eleganz und temperamentvollem Schwung. Natürlich durfte einWerk aus der Heimat der vier Musiker nicht fehlen. Dafür hatteman eines der bedeutendsten Quartette von Antonin Dvorák ausgewählt, das als vorletztes von 14 Werken dieser Gattung 1895 entstand, in G-Dur steht und die Opuszahl 106 trägt. 

Leidenschaftlicher Duktus mit vielen klanglichen Nuancen und ein mitreißender Schluss prägten die Wiedergabe des ersten Satzes. Nach fahlem Beginn beeindruckte die satte Klanglichkeit und dynamische Bandbreite des Adagios. In grimmigem Moll, aber einem lyrischen Trio als Gegensatz zog das Scherzo vorüber, während das Finale nach kurzer besinnlicher Einleitung in ein musikantisches Stück voller Temperament und Spielfreude mündete. Nach der atemberaubenden Coda gab es stürmischen Beifall, für den sich die Künstler mit zwei lyrisch-dramatischen Zugaben aus dem für Quartett bearbeiteten Dvorák-Liederzyklus „Zypressen“ bedankten.