Romantik pur – Fauré Quartett (2010)

Montag, 22. März 2010

Kongresshaus Rosengarten

Fauré Quartett

Erika Geldsetzer, Violine
Dirk Mommertz, Klavier
Sascha Frömbling, Viola
Konstantin Heidrich, Violoncello

 

PROGRAMMÄNDERUNG!

 
 

Max Reger

Klavierquartett Nr. 2 a-Moll op. 133

 

Robert Schumann

Klavierquartett Es-Dur op. 47

 
 
 

Als das Fauré Quartett im September 2004 erstmals bei den Musikfreunden auftrat, titelte ein Rezensent: „Ensemble mit glänzender Zukunft“ (CT vom 29.09.04). Diese Vorhersage hat sich bewahrheitet, denn die Faurés sind inzwischen mit ihren Konzerten auf der ganzen Erdkugel präsent, spielen sozusagen in der „Champions League der Kammermusikvereinigungen“. Im Jahr 2009 stehen im Kalender: Argentinien, Belgien, Brasilien, England, Holland, Italien, Peru, Rumänien, Schweiz, Uruguay. Seit 2005 haben sie einen Plattenvertrag mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft. Freuen wir uns wieder auf einen Abend der Extraklasse mit der Perspektive: „Fauré Quartett setzt musikalische Glanzlichter und fasziniert durch perfektes Zusammenspiel“ (NP vom 29.09.04)

www.faurequartett.de

 
 
 

Neue Presse vom 24. März 2010

ZART SCHMELZENDE SCHÄFCHENWOLKEN

VON BERND SCHELLHORN

Das Gefühl der Ergriffenheit ist selten im Leben des Menschen. Die unerträglich leichte Anspannung des Körpers, der sich in einem Gefühl der Zeitlosigkeit befindet. Die gebannte und in vollkommen konzentrierter Haltung erstarrte Zufriedenheit. Die ruhige, tiefe Atmung, die sich in die Flanken legt. Die Unruhe in den Händen, die plötzlich Zuwendung suchen. Die dieses Gefühl ergreifen wollen und sich unbewusst in die Hand des unbekannten Nächsten tasten, um Halt zu suchen. Doch während sich die Hände finden, ist die ganze Konzentration auf etwas Äußeres gerichtet, das uns wie gefangen nimmt.

Gelächeltes Piano

Ergriffen waren wir alle schon nach den ersten Klängen, die das Fauré Quartett in das Kongresshaus Rosengarten hauchte. Vorher ein förmlich spürbarer Akt der Konzentration: Sammlung, Blickkontakt, Einschwören auf das „Allegro con passione“ von Max Reger. Dann ein gelächeltes Piano, eine Schäfchenwolke, ein zartes Schmelzen.

Ist das Reger? Ja. Die Dynamik wird zu Glanz. Gekonnt spielt das Quartett nicht nur mit der Lautstärke, sondern mit der Intensität des Klanges. Jede einzelne Note wird ernst genommen, in den richtigen Kontext gestellt, erspürt, ausgekostet. Die kantablen Bögen erfahren in sich Spannung. Die vertrackte Chromatik, die neobarocke Satzstruktur lebt auf in Makellosigkeit. Es ist mehr als Zusammenspiel, es ist ein Ineinanderhorchen, ein gemeinsamer Puls, den diese phänomenalen Musiker leben. Es ist ein Spiel jenseits aller technischen Allüren. Ganz im Gegenteil ist es transparenter Eros, tiefes Atmen, Logos ohne Belehrung. Es ist Form und Transzendenz.

Dirk Mommertz am Flügel sucht den Klang. Sein Hallpedal legt die perlenden oder strikten Linien in neue Sphären. Setzt diese in Tiefe und Raum. Gibt ihnen Bedeutung, bis er sie zurücknimmt und dem „Gesamtsound“ unterordnet. Nein, nicht in ein Näseln der „con sordino“ Streicher im „Vivace“, dem zweiten Satz. Sondern in eine vornehm-fahle Wichtigtuerei, in den Reger’schen Witz, in ein sprödes Geplänkel, ein „Nase-hoch-tragen“. Dann im Trio der Orgelpunkt der Bratsche (Sascha Frömbling): Nie gleich gespielt, sondern immer wieder etwas verzogen oder vorweggenommen. Immer nur einen Hauch und doch stets frisch und neu.

Ist das Reger? Ja. Die neobarocken Sequenzen im Largo lösen sich nicht nur in harmonischer Reinheit, sondern in akustischer Wonne auf. Dies geschieht in Abphrasieren, in klugem Miteinander, in vorbereiteten und kaum spürbaren Rubati. Und dann, husch-husch, das „Allegro con spirito“. Sprühendes Kolophon, glänzendes Glucksen, Übermut mit Ordnung. Chromatik in Leichtigkeit und jedes Lächeln sitzt. Ein Traum.

Nach der Pause machen wir (als Zuschauer) es uns bei Robert Schumann bequem. Sein musikalisches Sofa bietet für uns alle Platz und ist herrlich komfortabel. Wunderbare Linienführung: Diese großen Bögen und dieser Schwung mit gepolsterten Ecken und Kanten: Hineinsinken und sich wohlfühlen. Diese vollkommenen Melodien im Cello (Konstantin Heidrich), die jetzt so selbstverständlich an die Violine (Erika Geldsetzer) weitergereicht werden.

Traumsicheres Zusammenspiel

Diese Vibrati in den Streichern, die im Puls der Tempi unisono erklingen – zauberhaft. Diese reichen Sonnenstrahlen, die sich durch den Vorhang drängen und ständig in der Farbigkeit wechseln. Die sanfte Glasigkeit des Flügelklanges, die sich gleich darauf in pochenden Glanz verwandelt und über den Streicherteppich legt. Das Spiel mit den rhythmischen Verlagerungen wird zur puren Freude und die wunderbar gesetzten Akzente, ja, dieses ganze traumsichere Zusammenspiel löst uns Zuschauer aus der Zeit.

Und als der Schumann nach (unendlich-intensiv) gefühlten zwei Minuten zu Ende ist und wir alle aus unserer Ergriffenheit erwachen und Beifall geben, da tischt uns dieses sensationelle Fauré Quartett noch ein feinstes Dessert auf: Wunderkind Mendelssohn. Ein wahrer Genuss von internationaler Klasse wie der ganze Abend.

 
 
 

Coburger Tageblatt vom 24. März 2010

LEIDENSCHAFTLICHE TONFLUTEN
Das Fauré Quartett gastierte am Montag bei der Coburger „Gesellschaft der Musikfreunde“. Auf dem Programm standen Werke von Max Reger und Robert Schumann.


VON GERHARD DEUTSCHMANN

Musikgenuss pur bescherte den Konzertbesuchern das Gastspiel des renommierten Fauré Quartetts bei den Coburger „Musikfreunden“ im Kongresshaus. Im September 2004 war das Ensemble mit Erika Geldsetzer (Violine), Dirk Mommertz (Klavier), Sascha Frömbling (Viola) und Konstantin Heidrich (Violoncello) erstmals an gleicher Stelle zu hören und ist seitdem in der internationale Spitzenklasse angekommen, was erfolgreiche Konzerte in der ganzen Welt und exklusive Plattenverträge belegen. Durch ihr hochkarätiges, leidenschaftliches Musizieren anspruchsvoller Werke von Max Reger und Robert Schumann begeisterten sie ihre dankbaren Zuhörer.

Hochromantische Tonsprache

Zwei höchst anspruchsvolle Werke der nicht allzu häufig gepflegten Gattung Klavierquartett standen auf dem Programm, wobei das zweite Quartett a-Moll op.133 von Max Reger nur selten zu hören ist. Es entstand 1914 als reifes Spätwerk unmittelbar nach dem am meisten gespielten Werk des Komponisten, den „Mozart-Variationen“ für Orchester, und stellt in seiner komplexen Struktur höchste Anforderungen an seine Interpreten. Auch der Zu- hörer wird durch die – besonders in den Ecksätzen – ständig modulierende, hochchromatische Tonsprache Regers mehr als gewohnt gefordert, kann sich aber an mehreren idyllischen Stellen wie dem zarten Trio des Scherzos oder gar dem expressiven, melodisch inspirierten Largo erholen und erbauen.

Bezeichnung des Kopfsatzes „Allegro con passione“, als es in nahtlosem Zusammenspiel die Tonfluten mit leidenschaftlichem Duktus anging und durch ungemein flexible Tongebung vom fahlen „non vibrato“ bis zu intensiver, orchestraler Klangfülle frappierte. Homogen fügte sich der voll griffige, an Brahms erinnernde Klavier satz in den abgerundeten, vielfarbigen Streicherklang. Nach dem dahinhuschenden Scherzo mit seinem ruhigen Trio so wie dem erwähnten „inneren“ Höhepunkt, dem Largo, bot das Finale noch einmal Möglichkeit zu beschwingtem, temperamentvollem Musizieren mit organischen Steigerungen und klanglicher Vielfalt.

Mendelssohn als Zugabe

Natürlich durfte im „Schumann-Jahr“ ein Werk des großen deutschen Romantikers nicht fehlen. Von ihm erklang ebenfalls das zweite Klavierquartett (Es-Dur op. 47), welches in seinem fruchtbarsten Kammermusikjahr 1842 entstand. Auch hier nach kurzer lyrischer Einleitung ein leidenschaftlich geprägter Kopfsatz, ein spritziges „Perpetuum mobile“- Scherzo mit zwei kontrastierenden Trios, ein ausdrucksvoller langsamer Satz mit schwärmerischen Dialogen der Instrumente und ein musikantisches Finale mit polyphonen Verdichtungen und turbulenter Coda.

Das Fauré Quartett glänzte hier abermals durch mitreißendes, bestens aufeinander abgestimmtes Musizieren und präsentierte das inspirierte Werk wie aus einem Guss.

Nach anhaltendem Beifall gab es als interessante Zugabe das hochvirtuose Finale aus dem Quartett op. 2 von Mendelssohn, ein Geniestreich des vierzehnjährigen Wunderkinds, mit bewundernswerter Leichtigkeit und technischer Überlegenheit vom Fauré Quartett dargeboten.